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Marillion: The Singles (´82-´88 / 12 CD-Box)

Stil: Progressive Rock

Cover: Marillion: The Singles (´82-´88 / 12 CD-Box)

Eine feine Idee der EMI, die glanzvollen Tage Marillions mit dieser schön aufgemachten Box (12 Cardsleeves im Original Single-Layout) Revue passieren zu lassen. Die absolut genialen Coverartworks (So viele Einzelheiten und Doppeldeutigkeiten...schaut nur mal auf die Rückseite von Warm Wet Circles!) sind natürlich auf der größeren LP-Fläche besser in Szene gesetzt, aber man kann nicht alles haben. Die hier abgehandelte Phase der Bandhistorie war bekanntlich die kommerziell erfolgreichste und viele Fans sehen Fish nach wie vor als einzig wahren Marillion Sänger. Fakt ist jedenfalls, dass die Box ein Wiedersehen und -hören mit einigen Klassikern im ursprünglichen Outfit (na ja, fast - sind halt keine Schallplatten...) möglich macht und nebenbei noch Zugang zu Single B-Seiten und Raritäten verschafft. Fans haben das Teil sowieso schon im Schrank stehen, hier dennoch die Singles im Einzelnen:

MARKET SQUARE HEROES (’82, 26:07): Neben dem titelgebenden Ohrwurm (schon damals waren die Fish-Texte geil, nachzulesen auf der Rückseite) gibt’s noch das ruhige Three Boats Down From The Candy und das über 17 Minuten lange Grendel (Epos - sperrig und sich bis zum Ende hin steigernd; die Lyrics befassen sich mit Natur und Heidentum, soweit ich das hören kann). Keiner der Songs schaffte es auf das Debutalbum, sie sind aber noch auf "B-sides Themselves“ (Compilation von 1988) zu finden. Mit der Qualtät hat das aber wohl nichts zu tun, denn die Stücke zeigen das Potential der Band schon recht gut. Ur-Basser Diz Minnett bekommt noch Credits für die Songs, obwohl schon Peter Trewavas zu hören ist.

HE KNOWS YOU KNOW (’83, 13:34): Auskopplung zu “Script For A Jester’s Tear”. Der Titelsong (geiler Gesang) ist einmal als 7”- und als 12”-Edit “) zu hören. Letzterer ist fast zwei Minuten länger durch unterschiedliche Arrangements - macht also wirklich Sinn, im Gegensatz zu heutigen sogenannten "alternative Takes“ auf Singles, die sich vielleicht dadurch unterscheiden, dass das Fade-Out erst ein paar Sekunden später kommt. Dazwischen gibt es das exklusive Charting The Single (spaßiger Titel), das mehr als Ausschussware ist und erneut einen lesenswerten Text auffährt.

GARDEN PARTY (THE GREAT CUCUMBER MASSACRE) (’83, 35:09): Zweiter Song des Debuts (in rhythmisch-abgehacktem Stil), der als Edit und in voller Länge zu bestaunen ist. Daneben gibt’s noch Livetracks aus dem selben Jahr. Wundersamerweise sind es Tracks, die auf keinem offiziellen Longplayer zu finden sind, namentlich erneut Charting The Single und das lange, fetzige Margaret (gleich doppelt, einmal um sechs Minuten kürzer, der Jam mit Bandvorstellung am Ende entfällt - Highlight der Single). Heute wäre so etwas live wohl undenkbar, bei der Klasse ihrer Songs konnten sich Marillion es aber sicher leisten, auf obskures Material zurückzugreifen. Live waren die Jungs wohl eine ziemliche Macht und Fish beweist Entertainer-Qualitäten. Coole Sache!

PUNCH AND JUDY (’84, 16:12): “Fugazi” - Auskopplung des kurzen, eher unspektakulären Songs, welche um Neueinspielungen von Songs der ersten Single bereichert wird: Market Square Heroes kommt einmal normal und einmal als Edit; Three Boats Down From The Candy ergänzt den Reigen. Diese Versionen haben einen glatteren, vielschichtigeren Sound als die Originale und wurden von Neu-Drummer John Marter eingetrommelt. Ansonsten ist diese Single nicht wirklich essentiell.

ASSASSING (’84, 20:36): Einer der poppigsten Songs des Zweitlings geht mit dem nicht minder ruhigen Cinderella Search als B-Seite an den Start. Beides wird in Originallänge und gekürzter Single-Version dargeboten - natürlich sind die ausgedehnten Versionen besser. Letzterer Song erscheint mal wieder auf keinem Studioalbum, sondern erstmals auf dem 84er Livealbum "Real To Reel“.

KAYLEIGH (’85, 21:24): Der Herzschmerz - Welthit der Band...sicher niemandem unbekannt. Trotz kommerziellem Potential eine tolle Nummer - einmal mehr mit klasse Text. Den größten Erfolg Marillions gibt es dann auch gleich dreifach: Der wohl gängigste Single Edit, ein Alternative Mix (pappige Drumeffekte verhunzen die Nummer zum 80er Dorfdisco-Feger, bäh!). sowie eine völlig unnötige Extended-Ausführung, die sich auch nicht großartig vom Original abhebt. Dazwischen gibt’s das unveröffentlichte Lady Nina in Single- und Extended-Versionen. Der Song zeigt einmal mehr den Schritt der Band in kommerzielle Gefilde. Sie reihen sich prima in die ekligen Achtziger-Synthiepop Sachen ein, womit sich die Gruppe unter Wert verkauft - Schade!

LAVENDER (’85, 12:13): Ebenfalls vom Megaerfolg “Misplaced Childhood” stammend und sich an den Mainstream anbiedernde Single. Man muß natürlich sagen, dass Marillion dies generell mit mehr Klasse angehen als andere oder heutige Chartstürmer, dennoch können sie auch eingängige Songs schreiben, die besser sind...na ja, jedenfalls ergänzt sich der seichte Reigen durch Freaks (wieder einmal ein Non-Album Track, der später im Liveprogramm auftaucht) und Lavender Blue (eigentlich nur eine leicht anders instrumentierte Version des Titelsongs...nichts Herausragendes.

HEART OF LOTHIAN (’86, 16:47): Dritte Auskopplung aus der dritten Platte, welche wider etwas stärker daherkommt als seine Vorgänger (im Gegenzug kam sie dafür nicht in die Top Ten...). Neben dem vollständigen Song ergänzt sich das Trio natürlich um die radiotaugliche Kurzversion des Titelstücks und den bedächtigen Opener des Debuts (Chelsea Monday) live aus Utrecht.

INCOMMUNICADO (’87, 17:59): Der Abgeher und Song For All The Drinkers (laut Fish) von “Clutching At Straws” besticht durch Eingängigkeit und dreifache Ausführung: die üblichen dreieinhalb Minuten für die Radiostationen, fünfeinhalb reguläre Albumminuten und fast sechs Minuten im alternativen Gewand (instrumental etwas ausschweifender). Da alle guten Dinge vier sind, tritt noch Going Under als unspektakuläre B-Seite (kurz und ruhig ohne Drums) an.

SUGAR MICE (’87, 22:18): Mal wider in dreifacher Ausführung geht besagtes Stück an den Start - wie üblich extended-, radio edit- und Albumversion. Die anfangs ruhige Ballade geht im Mittelteil etwas aus sich heraus, um sich am Ende wieder in ihren stillen Panzer zurückzuziehen - hat was. Tux On ist der etatmäßige Füller, der sich aber Sugar Mice gegenüber als wesentlich eingängiger entpuppt. Man merkt, dass Marillion es nicht nötig haben, die eingängigsten Songs ihres Schaffens als Singles zu veröffentlichen, bzw. gar auf diese angewiesen sind, denn die vollständigen Alben verkaufen sich gut und geben ein hochwertiges Bild als Ganzes ab.

WARM WET CIRCLES (REMIX) (’87, 17:16): Letzter Beitrag von “Clutching At Straws”, welcher trotz Massenkompatibilität wieder stark geworden ist. Auf mehrere Versionen wurde verzichtet, nur die 7“ Version ist zu hören. Das ineinander übergehende Loreley Live-Doppel White Russian und Incommunicado dient als B-Seite, ist aber viel mehr heimliches Highlight. Erneut zeigt sich die Stärke der Band gerade auf der Bühne. Fish widmet ersteren Song (der sich als einer ihrer besten mit den Nachwehen des Zweiten Weltkriegs auseinandersetzt) mit ernstem, gebrochenem Deutsch den Opfern des Holocaust und gibt darauf eine inbrünstige Performance zum Besten. Die happy Hymne Incommunicado dagegen wird dementsprechend enthusiastisch vorgetragen. Der Frontmann vermag es, sich in seine Lyrics fallen zu lassen und einen intensiven Kontakt mit dem Publikum zu pflegen...hörenswert!

FREAKS - LIVE (’88, 15:35): Das Schlußlicht der Box bildet diese Vier-Track Single. Die Songs stammen allesamt vom "The Thieving Magpie“ Livealbum, wobei es der erste Song Freaks damals nicht auf die Doppel-LP schaffte und nur auf Kassette und CD zu hören war. Neben genanntem Song hört man Kayleigh, Childhood's End und White Feather vom Hitalbum "Misplaced Childhood“. Die beiden letzten fließen ineinander und gehen richtig ab, während die ersten zwei Lieder bekanntermaßen ruhiger daherkommen - netter Ausklang.

FAZIT: Für den Fan unverzichtbar und für den Neueinsteiger eine gute Gelegenheit, sich einen Überblick über die Glanztaten der Band zu verschaffen - schöner und gehaltvoller als jede Best of, da man viele Facetten des Chamäleons Marillion zu Gehör bekommt. Man kann von ihnen halten, was man möchte - sie sind einzigartig in ihrem Schaffen. Der Preis liegt bei etwa 70 DM und geht in Ordnung; beeilt euch und wartet auf den geplanten zweiten Teil, der sich wohl mit der Post-Fish Ära beschäftigen wird

Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008

Tracklist

  1. DISC 1
  2. Market Square heroes
  3. Three boats down from the Candy
  4. Grendel
  5. -
  6. DISC 2
  7. He knows you know (Edited 7" Version)
  8. Charting the single
  9. He knows you know (Edited 12" Version)
  10. -
  11. DISC 3
  12. Garden party (Edit)
  13. Margaret (Live Edit)
  14. Garden party
  15. Charting the single (Live)
  16. Margaret (Live)
  17. -
  18. DISC 4
  19. Punch and Judy (7" Version)
  20. Market Square heroes (Edited Re-Recorded Version)
  21. Three boats down from the Candy (Re-Recorded)
  22. Market Square heroes (Re-Recorded)
  23. -
  24. DISC 5
  25. Assassing (7" Version)
  26. 2.Cinderella search (7" Version)
  27. 3.Assassing
  28. 4.Cinderella search
  29. -
  30. DISC 6
  31. Kayleigh (Single Edit)
  32. Lady Nina (Single Edit)
  33. Kayleigh (Alternative Mix)
  34. Kayleigh (Extended Version)
  35. Kayleigh (Extended Version)
  36. -
  37. DISC 7
  38. Lavender
  39. Freaks
  40. Lavender blue
  41. -
  42. DISC 8
  43. Heart of Lothian (Edited Version)
  44. Chelsea Monday (Live)
  45. Heart of Lothian (Full Version)
  46. -
  47. DISC 9
  48. Incommunicado
  49. Going under
  50. Incommunicado (Album Version)
  51. Incommunicado (Alternate Version)
  52. -
  53. DISC 10
  54. Sugar mice
  55. Tux on
  56. Sugar mice (Radio Edit)
  57. Sugar mice (Extended Version)
  58. -
  59. DISC 11
  60. Warm wet circles (7" Remix)
  61. White russian (Live at Loreley)
  62. Incommunicado (Live at Loreley)
  63. -
  64. DISC 12
  65. Freaks (Live)
  66. 2.Kayleigh (Live)
  67. 3.Childhood's end? (Live)
  68. 4.White feather (Live)

Besetzung

  • Bass

    Pete Trewavas

  • Gesang

    Fish

  • Gitarre

    Steve Rothery

  • Keys

    Mark Kelly

  • Schlagzeug

    Mick Pointer, Ian Mosley, John Marter

Sonstiges

  • Label

    EMI Records

  • Spieldauer

    -

  • Erscheinungsdatum

    2000

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