Beeindruckend, was schon die ersten Sekunden dieses Langspielers zu bieten haben. Man meint, eine Judas Priest LP zu schnell abzuspielen, doch dazu wollen die kurzen Keyboard-Passagen und Modern-Metal Gitarrenklänge nicht so recht passen. Auch rhythmisch ist’s zu wirr für die reformierten alten Herren. Beim Herkunftsland liegt man aber richtig, doch Biomechanical sind soundtechnisch weit von ihrer britischen Heimat entfernt. Andy Sneap hat ihnen eine der Überschallmusik angemessene Produktion verpasst; ob das Songwriting da mithalten kann, muss sich zeigen.
Grünschnäbel sind hier nicht am Werk, denn Demos der Gruppe sowie das Debüt Eight Moons (in Eigenregie veröffentlicht) konnten schon im Vorfeld für einige Bekanntheit sorgen. Sänger Jon ist auch gerade bei den gemäßigteren Balance Of Power ausgestiegen, womit die Zeichen für Biomechanical auf Sturm stehen dürften.
Der Bandname reflektiert einen auch dem Album zugrundeliegenden Plot betreffend den Menschen angesichts des Fortschritts, was man zumindest subtiler als mit einem drittklassigen Cover nach Giger-Blaupause hätte verpacken können. Das Konzept drückt sich allerdings in der Musik perfekt aus: Organisch einerseits und der Metaltradition verschrieben, andererseits modern-klinisch und technikorientiert, was sowohl spielerisches Niveau als auch Klangausrichtung betrifft. Stakkatos treffen auf dramatische Symphonie (vor allem im langen Abschlusstrack), brutale Verzerrung wetteifert mit der Leadstimme nach Höher-Schneller-Weiter-Prinzip. Herr K deckt dabei eine enorme Bandbreite ab, allerdings ohne eigenes Gesicht; die spitzen Schreie klingen völlig nach Halford, der Pressgesang sowie die ruhigen, mittigen Töne hundertprozentig nach Phil Anselmo - der Kerl könnte glatt Stimmenimitator werden. Die Klampfenarbeit trägt auch texanische Handschrift, insbesondere die stumpfen Abgehriffs zollen dem seligen Dimebag Darrell Tribut. Solos und Leads sind - der fast durchgehend hohen Geschwindigkeit wegen - dementsprechend over-the-top; die Achtziger Shredding-Schule lebt hier auf - gefühlvoll geht anders...
Der Mangel an Atempausen und griffigen Melodien (selbstauferlegter Zwang, Passagen nie zu wiederholen?) lässt die eigentliche Musik hinter der opulenten Inszenierung zurücktreten. Ein Jammer, dass Biomechanical das Atmen vergessen und zu viel in ihre Stücke packen. Selbst Devin Townsends Strapping Young Lad verfahren in ihrem Geschwindigkeitsrausch nie so einseitig. So bleibt nach zig Durchgängen (diese Mühe sollte man sich machen) kaum etwas hängen. Falls doch, dann sind es Dinge, die man so schon einmal anderswo vernommen hat: Konventionelles, verdeckt unter dem glitzernden Mantel von Produktion und Image - ein typischer Fall von Überambitioniertheit. Massig Potential ist vorhanden, welches leider nicht in konzise Strukturen und greifbare Emotionen umgesetzt wird. Allein das dynamische „Absolution“ zeigt auf, wohin der Weg demnächst führen könnte, nämlich zu klaren Strukturen und sinnvoller Applikation der ungewöhnlichen Ideen...denn das macht überfließende Kreativität effizient, nicht überflüssig.
FAZIT: Unter der oberflächlichen Energie und Üppigkeit gräbt man bei Biomechanical lange; man wird nichts finden. Die Fläche, die ihre Fähigkeit und ihr Konzept ihnen bietet, wird nicht genutzt. So ist dieses Album in der Tat ein Schmankerl für Freunde der gut gespielten Brutalität (SYL, Meshuggah).Nimmt man den Schnörkel nämlich weg, bleibt nur kompetenter Power Metal. Objektiv hohe Qualität ohne Tiefe - Schade...
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Jon Collins
Jon K
Jamie Hunt, Chris Webb
Matt C
Elitist/Earache
54:10
2005