Polen holt nach all dem Extremmetal nun auch auf dem Progsektor auf. Neben der alten Garde SBB sind es momentan vor allem Riverside, die international von sich reden machen.
Indukti lassen deren Sänger Mariusz Duda für spärliche Vokaleinsätze auf ihrem Debüt gastieren, welches ansonsten von rhythmisch orientierter Instrumentalmusik geprägt ist.
Der Opener führt mittels Harfe in das chromatische oder phrygische Tonmaterial der Band ein. Cleane Gitarren nehmen sich dessen an, hinzu gesellen sich in verhaltenem Songaufbau die Drums. Die charakteristischen Geige ausgenommen kommt man Tool so nahe, wie es ohne einen Kraken wie Danny Carey am Schlagzeug geht. Mit wenigen Noten kommen die elektrischen Instrumente aus, die Variation liegt in Rhythmusumkehrungen und Dynamikspielen. Einzig die Streicher haben einen weiterreichenden melodischen Spielraum. Das Stück wird heftiger, als Duda sich textlos, nur lautmalerisch äußert. Die Strings halten hohe Noten zur Spannung, die ein Schrei mit heftige Riffs verbunden aufhebt.
„Cold Inside...I“ zeigt den anderen Pol des Gruppensounds: Zunächst gänzlich ruhige Gitarren geben den Vocals den Vorrang zu Gunsten einer eher konventionell-liedhaften Struktur. Ein Refrain wird vermisst, allerdings besticht die Enttäuschung des hörerseitigen Erwartungsgefühls gen Ende: Man wähnt einen Ausbruch, doch Duda beschwichtigt mit Flüstertönen. Das Stück verschwimmt mit seinem achtminütigen Nachfolger, der sich erst durch seine Basslinie als neuen Abschnitt zu erkennen gibt. Diese Tieftonfigur bleibt ebenso ostinat, wie die Rhythmusgitarre maximal eine Handvoll Noten benötigt, um eine gebetsmühlenartige Stimmung zu erzeugen. Auf der Snaredrum ist ein Effekt zu vernehmen, doch nach akzentuierenden Gitarreneinwürfen verdichten die nuancierten Komponenten sich zu einem einzigen Klangwall. Der Verzerrer macht Pause, die Geige versprüht Leutseligkeit, indem sie wie so oft das enge harmonische Korsett lockert. Im „Kashmir“-Rhythmus der Stampfriffs schraubt sich das Stück – ebenso wie die Geigentöne – in dramatische Höhen. Fripp-eske Disharmonien führen die Inspirationskette fort zu King Crimson, als deren Jünger sich eben auch Tool outen. Gerade die dräuende Harschheit der Musik Induktis lässt Vergleiche zum letzten „The Power To Believe“-Brocken aus England zu...harte Kost auch dies...
Weniger intensiv ist der folgende Gesangstrack. Percussion und orientalisches Melodiegut begehen erneut den Umweg über Fernost nach Amerika, wo Mariusz Duda noch einige Stunden in überzeugender Emotionsbekundung bei Maynard Keenan nehmen sollte. Sein Gesangsstil ist eigentlich sehr limitiert – auch bei seiner Hauptband. Man möchte ihn nicht tröstend in den Arm nehmen, sondern ob seiner Weinerlichkeit ordentlich durchrütteln. Zumindest punktet er im eingängigen Chorus, und die inmitten der Heaviness herrlich verloren klagenden Streicher stellen die Kür – zugänglichster Titel des Albums.
.“Uluru“ beeindruckt am meisten. Was mit Grillenzirpen und Didgeridoo idyllisch beginnt, braut sich über zuckenden Geigen-Snare-Blitzen zu einem äußerst heftigen Sturm zusammen, der gar nicht erst am Horizont auf des Hörers Bereitschaft wartet, sondern ihn überfällt. Zackig schlagen die Rhythmen Haken, eine repetitive Oktavfigur fiept, Geigen und Gitarren wehen Leads hin und her, dass es die hinabtröpfelnden Harfentöne fast übertönt. Die Ruhe danach: Zirpen und ein Flugzeugmotor - in der sich aufklärenden Ferne hörbar...
Zum Schluss noch zwei Instrumentals: Einmal sprunghaft, vom tänzelnden Fiedler geführt, dem im Wechsel die E-Instrumente das Zepter entreissen; schließlich mäandernd, über zehn Minuten gegen alle bisher angesteuerten Ufer klatschend, um dann in in einen Sonnenuntergang über dem anfänglichen Harfenmeer zu fließen.
„Mantra“ kann als Bonus nur im Verbund mit Animationsvideo genossen werden. Tranceartig, bis zur Hälfte aus Gitarrentrillern bestehend, kommen Schlagzeug, Rhythmusgitarre und Geige hinzu, als der Film-Protagonist auftritt, eine Mischung aus Rollstuhl und Pappkiste mit Augen. Seine Beschäftigung mit abgetrennten Gliedmaßen und das klaustrophobische Setting orientieren sich einmal mehr an Tool und deren fantastischen Clips.
Unklar bleibt die Bandkonstellation: Lyrics schreibt eine Dame, die Geige spielt eine ebensolche, ist aber genauso wenig im Lineup vermerkt wie die Co-Autoren der einzelnen Songs...Ungeachtet dessen ein vielversprechender Einstand, bei dem allein die Gesangsstücke nicht zur kompromisslosen Instrumentalausrichtung passen. Vocals sind angesichts der expressiven Stücke gar nicht notwendig.
FAZIT: Die beiden erwähnten Referenzen aus dem Feld der wirklichen Musikerneurer standen Pate für ein interessantes, hart-dunkles Album, das vor allem ob der Integration von Violine und Harfe eine eigene Note bekommt.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
Maciek Adamczyk
Ewa Jablonska
Piotr Kocimski, Maciej Jaskiewicz
Wawrzyniec Dramowicz
The Laser’s Edge
47:40
2005