Seit 1999 hat Guy Manning jährlich ein Soloalbum produziert, doch auch wenn er nebenbei noch mit mehreren anderen Künstlern zusammengearbeitet hat (am bekanntesten sind wohl Tangent), begegne ich ihm hier zum ersten Mal in Albumlänge.
Sein kleiner Schritt ist ein großer, betrachtet man die halbstündige Länge des Herzstückes der CD. Eine musikalische Mondlandung war dagegen nicht die Absicht des selbsterklärten Geschichtenerzählers und Liedschreibers, denn er bewegt sich auf vertrautem britischen Grund, was den Sound seiner Band betrifft. Anhaltspunkte bieten sich zunächst in „Fish“-Form an; dessen geradlinigere Seite paart sich mit aktuellen Traditionalisten wie IQ und Jadis, von denen man sich gleich den Flötisten ausgeliehen hat.
Der Songwriter-Ansatz äußert sich im verstärkten Einsatz der Akustischen, eben der Blasinstrumente (das Saxophon produziert natürlich eher Mainstream-Linien als hitzigen Jazz) und der Fiedel in „The Mexico Line“. Dort gibt es gegen Ende zudem ein schönes Passspiel zwischen Synthesizer, Bläsern und Streichern, was die ansonsten gemäßigte Ausrichtung ein wenig durchbricht. „In Swingtime“ und „Night Voices“ zeigen Mannings Melodieverständnis vor allem im Gesangsbereich, während die Songstrukturen zugänglich gehalten sind, Der Opener wäre im gehobenen Radioprogramm kein Fremdkörper, wohingegen „No Hiding Place“ mit gut neun Minuten nicht nur das gängige Format überschreitet, sondern auch mit einem gelungenen Spannungsaufbau und beschwörendem „Hold on“-Refrain glänzt – mein Favorit neben dem klasse Titelstück: acht Indizes unterteilen diesen Kontrast zum Vorherigen, der fast ausschließlich ausgestöpselt und von Manning mit Ziegenbock-Timbre dargeboten wird – zu Beginn mit Gesangspartnerin. Dass des Barden Lispeln hier auffällt, macht überhaupt nicht, ist vielleicht sogar Absicht, denn es trägt zum verschrobenen Charakter des Opus bei; beinahe denkt man an alte Psych-Folker aus den Siebzigern, wenn dazu noch die analogen Keyboards entstaubt werden. Bis zum vierten Teil steigert Manning bedächtig die Intensität durch schrittweise reichhaltigere Instrumentierung; dann variiert das Gitarrenthema, bevor Autogeräusche die ländliche Atmosphäre aufbrechen, um urbanem Jazz mit unverzerrter E-Gitarre und ruhigem Drumming den Vortritt zu geben. Das Ende führt zur anfänglichen Stille zurück – auch thematisch: postmoderne Orientierungslosigkeit und Berufung auf Althergebrachtes erinnern gemeinsam mit Mannings Zungenfehler – wenn lyrisch auch weniger bissig formuliert – an Martin Walkyier.
Der klebrige New-Age-Touch eines Dave Bainbridge inklusive religiösem Überbau ist somit nicht vorhanden; stattdessen spürt man Lebensfreude - von typischer Inselmelancholie durchzogen, aber stets auf positive Gefühlserweckung bedacht.
Die Computer-generierten Bilder des liebevoll gestalteten Booklets von Ed Unitsky (siehe auch Cover der Flower Kings) erinnern in ihrer Detailverliebtheit an einen weniger düsteren Travis Smith. Manning ließ sich gar von ihnen zu seinen Songs inspirieren, auch wenn ich beim Hören und Betrachten nicht unbedingt Zusammenhänge erkenne – Netter Bonus zumindest, wenn ein Konzept ausnahmsweise nicht den musikalischen Gehalt überschattet und man dabei dennoch nicht auf ein ausgefeiltes Gesamtkunstwerk verzichten muss
FAZIT: Zugänglichkeit schließt Anspruch nicht aus. Dieser liegt hier in der feinfühligen Instrumentierung sowie umgangenen Klischees, jene im unverkrampften Konzept und dessen Umsetzung ohne Heftigkeitsausbrüche und allzu scharfe Kanten.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
Guy Manning, Rich Ashton
Guy Manning, Laura Fowles
Guy Manning, Gareth Harwood
Guy Manning
Guy Manning
Guy Manning (mandolin), Laura Fowles (sax), Martin Orford (flute), Ian Fairbairn (fiddle)
ProgRock Records
57:44
2005