Dieses Projekt ist das Hirngespinst des Bolivianers Vico Paredes und hat es in Südamerika scheinbar schon zu MTV-Ehren gebracht. Dabei reicht sein Industrial Metal den Genrestandards nicht annähernd das Wasser.
Das Intro und den „Hidden Track“ aus Krach, Leerlauf und Schreien hätte man sich sparen können, doch sollten die beiden „Toxicnology“-Teile wohl jeweils aus 11 Indizes bestehen. Ein Konzept ist trotz dieser Auslegung aber nicht erkennbar. Es beginnt polternd thrashig mit Stimmen zwischen Schreien und Melodie sowie aggressivem Sprechgesang. Das Schlagzeug ist in weiten Teilen des Albums gar keins, oder es wird synthetisch unterfüttert. Neben überwiegend stumpf rhythmisierten und prollig vokalisierten (das liebe F-Wort) Tracks ist „Etienne“ bis auf den härteren Refrain beinahe Wave-Pop, und „La Bestia“ glänzt nicht gerade mit naivem französischen Frauengesang. Die Texte sind also mehrsprachig, wobei uns vor allem die deutschen Titel auffallen: „Dunkelheit“ rezitiert das Vaterunser; danach steht Grunzmetal an, ehe schließlich eine Frauenstimme Worte wie „Tod“ und „Hölle“ ins Mikro stöhnt. „Nazischwein“ scheint hingegen auf Englisch vorgetragen zu sein - dem Nichtverstehen des Textes nach ist Herr Paredes ziemlich wütend.
„Industrial Messiah“ eignet sich zum Abhotten in der schwarzen Dorfdisco. Ebenso machen Drumcomputer, Piano und simple Rhythmusgitarren „Suenos“ zum gewöhnlichen Gotenrocker mit rau-melodischen spanischen Vocals. Blastbeats gibt es in „Kannibal“ neben einem episch gemeinten Refrain. Dieses Anliegen verfolgt der scheinbare Familienbetrieb über die ganze lange Spielzeit hinweg und drückt sich dabei selten eine geeignete Hookline aus dem Kreuz. Ein solches ist es auch mit den vielen Industrial-nahen Bands: ihre Riff-Hausmannskost, die billigen Effekte und ungekonnt programmierten Computerdrums stellen nur wenige auf eine Stufe mit den noch spärlicher gesäten Könnern des Stils. Jedenfalls ist das hier am unteren Ende der Ministry- oder Nine-Inch-Nails-Skala anzusiedeln. Auf den schizophrenen und gewollt freakigen Aspekt muss man hingegen nicht verzichten – ist ja auch einfacher, als bloß gute Musik zu machen.
FAZIT: Aufgeplusterter Papp-Techno-Metal, den jeder mittelmäßig begabte Musiker am Fließband schreiben und an seinem Laptop zusammenkleben kann. Das hat Paredes offenbar getan. Nicht sonderlich aufdringliche Zeitverschwendung mit einigermaßen akzeptablem Sound.
Punkte: 4/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.01.2008
Marcelo Palacios
Vico Paredes
Vico Paredes
Vito Paredes
Christiano Paredes
Locomotive/Soulfood
72:55
2006