Ein österreichisches Death-Metal-Fossil stellt sich mit dem ersten Langspieler seit 2001 der Gegenwart, nicht dazu bereit, ihr versteinertes Erscheinungsbild auch nur minimal aufzuweichen. Der völlig trockene Sound und die wettergegerbten Riffs sind in Zeiten technisierter und effektheischender Produktions- wie Spielgepflogenheiten beinahe wieder originell, wenn auch nicht besser als ehedem. Als jede Dorf-Death-Combo mit derartiger Musik die Mehrzweckhallen zu beschallen begann, fiel die Stilistik der Inflation anheim; zur Blase der unentwegt Verschrobenen aus dem benachbarten Süden gehören Disastrous Murmur, mit Abstrichen Pungent Stench oder eben CADAVEROUS CONDITION.
„Places don´t change, only people“ – die eröffnenden Sätze sind bezeichnend für den überwiegend mittleren Tempobereichen verhafteten Death Metal. Er klingt wie einst, und lediglich die Absage an Genre-immanente ästhetische Klischees muss seine Existenz im Jetzt rechtfertigen. Das Gute daran: Old School Death in Embryonalstellung verzichtet auf unkontrollierte Bewegungen im Songwriting, das sich aktuell entweder im Blast-Inferno selbst abtreibt, oder durch wahlloses Anbandeln mit artfremden Stilen eigenständig ad absurdum führt. Das Quartett mag sich dem absoluten Minimum an Ausdrucksformen bedienen, doch dafür strukturiert es diese mit Bedacht: nie unharmonisch, aber selten wirklich melodisch und dennoch greifbar. Die Stimmung auf „To The Night Sky“ hat nichts mit dem brutalen nach-vorne-Drängen, dem Plakativen und dem „Willen zur Macht“ heutiger Extrem-Bands zu tun; leicht morbid und melancholisch ist sie, jedoch nicht pervers-krank oder weinerlich. Die optische Präsentation ist ebenso unverbindlich.
Kein Staubsauger steht am Gesangsmikro, so dass die Lyrics verständlich sind. Sie liegen der Band am Herzen und sind interessant zu lesen, weil keine Allgemeinplätze aufgesucht werden. Da erwähnt man ein Motel in Shetland, der Dichter und Musiker Rod McKuen oder Eindrücke aus Island, und scheinbar reicht ein thematischer Faden durch die Songs, worauf gelegentliche Stimmsamples hinweisen. Diese sind neben dem Trademark der Gruppe – akustischen Stücken oder Songparts – die einzigen Additive zur Rohmasse. Dabei handelt es sich aber eher um die Lagerfeuer-Liedermacher-Tradition...im Death Metal sicher einzigartig und zu hören in „Destroy Your Life“, dem Abschlusstrack sowie der Bonnie-rince-Billy-Nachlese „Black“. Die Musiker genießen Folk-Credibility und haben den Segen Will Oldhams sowie Ex-Death-In-June-Stimme Patrick Leagas als Gast.
Die Identifikation mit CADAVEROUS CONDITION fällt nicht-Spartenhörern sicherlich schwerer; als solcher finde ich die Scheibe zu lang und eindimensional, jedoch nicht unangenehm.
FAZIT: Mit faszinierender Konsequenz feiern CADAVEROUS CONDITION altmodischen Death Metal mit minimalen Songschreiber-Versatzstücken. Das ist nicht originell, aber wegen des bescheidenen Gebarens und der persönlichen Note sympathisch. Alteingesessenen dürfte dies ein Freudenfest Wert sein und damit auch eine höhere Bewertung. Irgendwie außergewöhnlich-gewöhnlich.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Peter Droneberger
Wolfgang Weiss
Rene Kramer
Paul Droneberger
Oak Knoll Productions/Cyclone Empire
54:41
2006