Es gibt sicherlich zweifelhaftere Wiedervereinigungen als diese, auch wenn sie nach allen gescheiterten musikalischen Versuchen eines Lebens nach Frost ein wenig berechnet anmutet. Da das erste Zeichen der Schweizer Pioniere seit Ewigkeiten aber eine hörbare Angelegenheit geworden ist, wird nur die Zeit zeigen, ob Ain und Co. wieder und weiterhin eine Existenzberechtigung haben. Ein Mittelfinger geht jedoch an die Ausschlachtungsgebaren des Labels, das verschiedene Albumversionen mit jeweils unterschiedlichen Bonusstücken veröffentlichen wird – Bitten, dies nicht zu unterstützen sind aber sicher zwecklos...
Auch ohne Zusatzmaterial bietet „Monotheist“ reichlich Spielzeit, gefüllt mit abgründigem Metal, der das „Heavy“ im Namen noch verdient. Den schon zu Hellhammer-Zeiten kultivierten unorthodoxen Gitarrensound, der vom Beginn der ersten Tracks an mit Feedback hereinbricht, konnte selbst Peter Tägtgren nicht zur Leblosigkeit hin verbiegen. Die „Uhs“ fehlen ebenso wenig wie die zähen Melodien. Vornehmlich treibend, reizt „Progeny“ die Möglichkeiten der Tempovariation weiter aus. Dem geglückten Einstieg steht ein langweiliger primitiv-Doom nach, in dem Fischer, teils nur von Bass und Drums unterstützt, endlos wiederholend „Why have you forsaken me?“ fragt; vielleicht, weil man während „Ground“ eine Auszeit nehmen kann, ohne etwas zu verpassen?
Da ist „A Dying God Coming Into Human Flesh“ ein höheres Kaliber, wenn nicht bereits das Albumhighlight. Ein lediglich angezerrtes Motiv bildet die Grundlage für tieftraurigen Gesang. Zunächst ohne härtere Komponenten, dann mit schleppendem Drumming und schmerzhafter Stimme steigert das Stück die Atmosphäre, um wieder zum stillen Ausgangspunkt zurückzukehren. Die Vocals sind nun harmonisiert und erzählen von erstarrtem Herzen und kalter Seele, bis die Schwere plötzlich wieder aufgegriffen wird. So heftig endet diese Boshaftigkeit, und das ursprüngliche Melodiethema schwebt verloren darüber. Daher rührt der Ruf der Band, und auch die Folgestücke zeigen, dass sie den akustischen Horror nicht verlernt hat. Während „Drown in Ashes“ mit Achtziger-Gruselsynthie und Frauengesang fast gitarrenfrei die experimentelle Seite stärker ausbaut, fügt der nächste Song diesem Aspekt noch das Stampfend-Sägende der Urformation hinzu. Die weibliche Stimme gerät in den Hintergrund, die Gitarren klingen teilweise, als drehe man unaufhörlich an kratzenden Potis, und gegen Ende gelingt einer der selten zu vernehmenden Knüppelpassagen – „I deny my own desire“, konstatiert die Stimme: ist es eine Anspielung auf die zu kappenden erzkonservativen Fesseln, oder die freiwillige Selbstkasteiung, die mangelnde Risikobereitschaft?
„Obscured“ hält dagegen, hat einen rituellen Charakter wegen der effektbeladenen und perkussiven Schlagzeugarbeit. Der Verbund von gekonntem klassischen Gesang und den Anti-Sprechvocals ist effektiv-morbide, das sich anschließende Songduo ist jedoch lediglich eine Variation der Bandstilmittel zwischen Trägheit und rohem Uptempo. Der deutsche Titel dient mit brutalem Keifen vor tiefem Synthesizerton und Lärm als Intro zur Fast-Viertelstunde „Synagoga Satanae“; diese vereint die metallischen Charakteristika der Gruppe und lässt die avantgardistischen Elemente außen vor, wodurch das Stück gestreckt wirkt. Das orchestrale Outro als Weiterführung der in den Achzigern begonnenen „Requiem“-Trilogie ist nur noch Makulatur – man hätte sich mehr im Stile von „To Mega Therion“ gewünscht.
Insgesamt fließt „Monotheist“ nicht, erscheint ob der regelmäßig eingestreuten atmosphärischen Momente brüchig, wenngleich der Stil geschlossen und homogen bleibt. Andererseits kann man das Trio nicht des Schielens auf Hörerpräferenzen bezichtigen, da das Ergebnis ihrer neuerlichen Zusammenarbeit unverkrampft klingt – trotz einiger Längen. Es ist interessant, dass heuer viele Extrem-Doom- und Sludgebands Frost eher verstanden zu haben scheinen als die vorgeblich von ihnen beeinflussten Black-Metal-Scharen. Entdecker fangen am besten ganz vorne 1984 im Bandkatalog an.
FAZIT: „Monotheist“ ist kein Erdrutsch wie einst „Morbid Tales“ und dessen Rattenschwanz an fortschrittlichen Alben sowie unzähligen dadurch beeinflussten Bandgründungen. Die weitere Entwicklung der unterbrochenen Karriere könnte spannend sein. Für den Moment ist es gut, dass dank medialer und Label-seitiger Unterstützung derart unkonventioneller Metal einem großen Hörerkreis schmackhaft gemacht wird, denn uniform sind die einzigartigen Celtic Frost nach wie vor nicht
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.01.2008
Martin Eric Ain
Tom Gabriel Fischer, Martin Eric Ain
Tom Gabriel Fischer
Franco Sesa
Century Media
68:21
2006