Relativ „unexpected“ kommt dieses Album tatsächlich auf den Markt: Das Debüt der bayerischen Prog-Formation findet schlappe 22 Jahre nach Bandgründung seinen Weg zu den Hörern. In den Jahren ’84 bis ’89 fand CENTRAL PARK ausschließlich auf Konzerten und Festivals statt, ein Studioalbum wurde, aus welchen Gründen auch immer, nicht unter das Volk gebracht. Das Jahr 2005 stand ganz im Zeichen der Reunion, nachdem seit 1989 mit dem Bandsplit erstmal Ruhe im Karton einkehrte.
„Unexpected“ huldigt dem klassischen Prog der 60er Jahre, ausufernde Keyboards treffen auf ausschweifende Melodien, melodisches Gitarrenspiel und rhythmische Spielereien – die Balance zwischen anspruchsvollen Passagen und eingängigen, hardrocken Verschnaufpausen ist gelungen.
Longtrack Fanatiker bekommen mit dem knapp 23 minütigen „Don´t Look Back“, einer Vertonung der Sage von Orpheus und Eurydike, jede Menge Spielzeit vorgesetzt. Das Opus beginnt mit krachigen Keyboard Soundscapes, die alsbald in ätherisches, Spannung suggerierendes Pianospiel übergehen, die Tasten bleiben solo, gewinnen dann an Aggressivität und wecken Assoziationen mit John Cales „Fragments Of A Rainy Season“. Danach wird erstmal typische bombastisch-treibende,hochmelodische Prog Kost aufgetischt, doch kaum stellt sich ein gewisses „alles schon gehört“-Gefühl ein, reißen CENTRAL PARK das Ruder herum: Wieder stehen klare Pianopassagen in Raum, hoher weiblicher Gesang versprüht traurige Musical Atmosphäre, Gastsängerin Dagmar Hellberg schwelgt geradezu in den melancholischen Tonfolgen. Dann wieder ein Bruch: Alle Instrumente schreien wild durcheinander, verstummen wieder, schleichen sich unheildräuend aus spannungsgeladener Atmosphäre an, um im gemeinsamen Frickeloverkill Höhe- und Wendepunkt im Song zu markieren. CENTRAL PARK verstehen sich nicht nur darauf, den großen Vorbildern der 60er Jahre nachzueifern, sie weisen auch ein nicht selbstverständliches Händchen für Spannungsbögen und bombastische Dramatik auf, wie es z.B QUEEN in den 70ern in nie wieder erreichter Vollendung schon vormachte.
Positiv fällt noch Sänger Heiko Möckel auf, dessen Gesang in mittleren Tonlagen emotional, aber niemals affektiert rüberkommt.
Etwas schade, daß CENTRAL PARK das Niveau ihres Longtracks nicht über die gesamte Spielzeit retten können. Einige poppige Songs sind mit ihrer Phil Collins (Achtziger) Schlagseite eher in die Kategorie nett, aber leicht langweilig einzuordnen, das fast siebenminütige Schlagzeugsolo „Drumtasy“ haut auch nicht grad vom Schemel, man kokettiert stets schamlos mit der Skip Taste.
Auf einer Bonus DVD findet der geneigte Fan Live Mitschnitte, eine Art „Hinter den Kulissen“ Special und einen kultigen TV Auftritt aus den 80ern, bei dem einem zeitgemäße Frisuren und Farbwahl die Haare ausfallen lassen.
FAZIT: Während der ersten 45 Minuten wird nicht zu komplexer, bombastischer, eingängiger Prog Rock geboten, der seinen Höhepunkt im Longtrack „Don´t Look Back“ erfährt – die letzte halbe Stunde zieht die Wertung wieder etwas runter, vielleicht hätte das Weglassen des einen oder anderen Tracks dem Album gut getan. Zu gefallen wissen der häufige Einsatz eines „echten“ Pianos und das stellenweise erstaunlich präsente, beinahe aggressive Drumming. Am Ende bleiben wegen der schwächeren Songs leider nur 9 Punkte – die erste Hälfte des Albums hätte gute 11 verdient.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
York von Wittern
Heiko Möckel, Dagmar Hellberg
Hans Ochs, Thomas Kretschmer, Charles Hoernemann
Jochen Scheffter
Artur Silber
Rudi Zapf (accordion)
Transformer Records
78:45
2006