Die polnischen Enthauptungskünstler fanden zum ersten Mal im Jahre 1996 zusammen, als man mit einem zarten Altersdurchschnitt von gerade mal 14 Jahren beschloß, Mama, Papa, Oma und Opa einen gehörigen musikalischen Schrecken einzujagen. Nach zwei Demos - „Cemeterial Gardens“ (1997) / „The Eye of Horus“ (1998) – erblickte „Winds of Creation” das Licht der Welt. Mit jedem neuen Album verfeinerten die vier sowohl Stil als auch Spieltechnik.
Den Einstieg markiert „A poem about an old prison man“ – sehr poetisch geht’s hier erwartungsgemäß nicht zu, wer durchgeistigten Schönklang sucht, höre bitte keine Earache Releases. Die vier Polen zeigen auf Anhieb, daß sie nicht auf simple Rhythmen stehen, das Schlagzeug knattert druckvoll und präzise – durchbricht wie Maschinengewehrsperrfeuer monströse Riffwände, Eingängigkeit bleibt komplett auf der Strecke. „Day 69“ reißt anfangs mit monolithischen Gitarren Löcher in geplagte Trommelfelle, fast schon erhaben dieser zähneziehende Sound. Dann wird Gas gegeben, und das ganze mutiert zu einem komplexen Quadratwurzel Nackenbrecher mit nervenzerfetzenden Hochgeschwindigkeitssoli. Trotz aller Spieltechnik ergeht sich Decapitated nicht in endlosen Solopassagen, erstaunlich wenig Selbstverliebtheit steckt in den instrumental durchwegs anspruchsvollen Songs, die trotz extremer Technik nicht sonderlich verspielt wirken und nach kurzer Zeit auf den Punkt kommen.
Einzig der Sängerwechsel hat nicht gut getan. Die etwas dünnen Schrei- und Grunzvocals verbreiten schon nach kurzer Zeit verhaltenes Gähnen, ziemlich eindimensional, was Adrian Kowanek aka Covan hier abliefert. Der Aggressionslevel, den die Instrumentalfraktion hier verbreitet, wird gesanglich leider nichtmal im Ansatz erreicht. Sehr schade. Aber nach aktuellem Stand haben die Polen ihrem Frontman nach nur einem Album schon wieder den Laufpass gegegen.
Was sich Earache allerdings dabei denkt, jeden Song regelmäßig nach wenigen Minuten mit nervigen Ansagen eines Promo-Sprechers zu unterbrechen, entzieht sich meinem Verständnis. Ins Netz gelang das Album sowieso … einziger Nebeneffekt: Beim intensiven Lauschen unter dem Kopfhörer gehen einem die monotonen Ansagen nach kurzer Zeit derart auf den Senkel, daß man keine Lust mehr zum Weiterhören hat.
FAZIT: Gutklassige Kost. Kunstvoll dargebotener Angriff auf den guten Geschmack, technischer Death Metal knüppelhart inszeniert. Neu erfunden wird das Genre hier nicht grade, dafür wird Bekanntes überzeugend dargeboten. Wenn nur der Gesang besser wäre ...
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Richard Gulczynski
Covan
Vogg
Vitek
Earache
32:32
2006