Ja, es gibt Banausen wie den Autor dieser Zeilen, die den Namen EMPYRIUM zwar schon oft gehört haben, aber sich mit dem Werk des Ulf Theodor Schwadorf nie so recht beschäftigt haben. Disqualifiziert das einen Rezensenten, der sich eine Art von Best-Of Album zu Gemüte zu führen hat? Mitnichten möchte man sagen, denn „A Retrospective“ stellt auch für andere Unwissende eine gute Möglichkeit dar, einen ersten Einblick in die Welt EMPYRIUMS zu erlangen.
„The Franconian Woods in Winter´s Silence“, ursprünglich auf dem Debüt „A Wintersunset“ zu finden, ist eine Neueinspielung dieses Songs – also schnell in die Originalversion reingehört (befindet sich auf dem empfehlenswerten Prophecy-Sampler der aktuellen Mørkeskye-Ausgabe). Der Sound ist eine Nuance klarer, die Keyboards differenzierter, der Gesang sicherer. Ein feiner Einstieg – und gleichzeitig ein guter Querschnitt durch das Schaffen dieser Band: Akustisch gezupfte Gitarren, melancholische Naturverbundenheit, erhabener, dunkler Klargesang, Keyboard Texturen, kurze Black Metal Reminiszenzen inklusive Keif-Vocals und singende E-Gitarren erzählen Geschichten aus vergangenen Zeiten.
EMPYRIUM spielen geschickt mit Stimmungen, was in einem Moment noch wohlig warm und romantisch anmutet, erfährt durch schleichende Dissonanzen und ungewöhnliche Arrangements plötzlich eine verstörende Wandlung ins Beunruhigende, ganz so, als zöge auf einer grünen Sommerlichtung plötzlich Nebel auf, als würden Schatten zu leben beginnen, stets am Rande des Blickfelds, niemals fokussierbar, fassbar. Das Instrumentarium, dessen EMPYRIUM sich bedienen, besteht zu weiten Teilen aus unverzerrter Gitarre, Flöten und verschiedenen Streichern – das Element „Folk“ ist hier kein Beiwerk, sondern dominierender Aspekt. Immer wieder, doch nicht oft, brechen die Black Metal Wurzeln durch, vor allem im Gesang. Schwarzmetallische Raserei findet sich hier keine, im Gegenteil: Die teils schleppenden, von sakralen Chorarrangements durchwobenen Rhythmen, vereint mit dem volkstümlichen Instrumentarium, klingen wie etwas, das wohl am einfachsten mit dem Begriff des Folk Dooms zu umschreiben wäre…
Faszinierender Fixpunkt dieser Retrospektive ist die beinahe fünfzehnminütige „Waldpoesie“, die einem intensiven Bühnenstück gleichkommt, so bildhaft erscheint die Erzählung vom Walde, der sich vom lauschigen Ort der Dämmerung in ein von Mondlicht durchflutetes Labyrinth aus Fieberwahn und Geisterwelt wandelt.
Für den Alleskenner hält „A Retrospektive“ noch zwei unveröffentlichte Neukompositionen bereit: „Der Weiher“ und „Am Wolkenstieg“. Dazu erscheint das Album als aufwendig gestaltetes Digibook mit Goldprägung und einem prallen 60-Seiten Booklet.
FAZIT: Schöner Einstieg in das Werk EMPYRIUMS. Ob die Songauswahl einen repräsentativen Überblick über das Schaffen dieser Band gibt, müssen allerdings andere entscheiden…
Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Ulf T. Schwadorf, Andreas Bach, Thomas Helm
Prophecy
76:02
2006