Ich hatte schon öfter das Gefühl, dass die Band aus Florida mit dem norwegischen Sänger von vielen anerkannt und akzeptiert, aber dennoch nicht wirklich gewürdigt oder gar geliebt wird. Richtig eingefleischte Fans trifft man irgendwie selten (hmm, bin ich schon mal jemandem mit einem KAMELOT-T-Shirt begegnet?). Der Grund dafür ist nicht ganz klar, erklärbar vielleicht mit der starken Präsenz von Frontmann Khan, dessen unverkennbarer Gesang das deutlichste Trademark der Band ist. Seine theatralische, fast opernhafte Performance dürfte nicht jedermanns Sache sein und mag manchem mitunter etwas zu aufgesetzt oder unnahbar wirken.
Wie auch immer, an den unverkennbaren Qualitäten nicht nur von ihm, sondern auch seiner Hintermannschaft ändert diese Einschätzung wenig und letztendlich passt das Vibrato des ehemaligen CONCEPTION-Sängers perfekt zu den oft dramatisch und mystisch anmutenden Song-Arrangements und verleiht diesen ihren speziellen Charakter. Kein Zweifel besteht ebenfalls daran, dass das Quintett seine Stärken auch auf der Bühne umzusetzen weiß, was mit "One Cold Winter Night" zum zweiten Mal in der Bandgeschichte dokumentiert wird (das erste Livealbum "The Expedition" erschien 2000). Aufgenommen im Februar diesen Jahres in der `Rockefeller Music Hall´ im verschneiten, klirrend kalten Oslo (der CD-Titel passt also schon mal perfekt, auch wenn der entsprechende Song überraschenderweise nicht enthalten ist), bieten die beiden Silberscheiben über 90 kurzweilige Minuten erhabenen Melodic Metal im glasklaren Livesound, progressiv nur im Ansatz, aber stets mit anspruchsvoller Dramaturgie inszeniert.
Dass die ersten Alben bei der Songauswahl außen vor bleiben würden, war zu erwarten, der älteste Song "„Nights Of Arabia“ stammt vom vierten Longplayer „The Fourth Legacy“. Der Schwerpunkt liegt klar auf dem letzten Studiowerk "The Black Halo", ergänzt durch ein Best-Of-Programm der jüngeren Bandgeschichte; das erste Livealbum erfährt somit quasi seine Fortsetzung. Songs wie "Forever", "March Of Mephisto", "When The Lights Are Down" oder "Karma" sind allesamt anspruchsvolle Melodic-Kracher, die jeder Szenefreund kennen sollte und die hier von den Goethe-Freaks opulent aufgeführt werden. Unterstützung erhalten sie dabei durch zahlreiche Gäste wie ihrem Stammproduzenten Sascha Paeth, Snowy Shaw (DREAM EVIL, KING DIAMOND) und für die weiblichen Gesangparts u.a. durch Simone Simons (EPICA).
Das hier gehörte erscheint auch als visuelle Version auf Doppel-DVD mit fettem Bonusmaterial, bei der die Atmosphäre durch die Live-Optik noch um einiges besser zur Geltung kommen dürfte. Wer es etwas dicker hat, greift also bevorzugt dort zu.
FAZIT: Wer sich bisher (aus welchen Gründen auch immer) nicht näher mit KAMELOT beschäftigt hat, bekommt hier die Möglichkeit, sich einen guten Überblick über das aktuelle Programm einer der eigenständigsten Band im Melodic Metal zu verschaffen. Die Lust auf einen Gig der Band gibt´s dabei noch oben drauf.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Glenn Barry
Khan
Thomas Youngblood
Oliver Palotei
Casey Grillo
Steamhammer/SPV
90:48
2006