Das Debüt war ein gutes Album und findet immer mal wieder seinen Weg in den Player. Solche Langlebigkeit prophezeie ich seinem Nachfolger allerdings nicht. Dabei sind die Hauptprotagonisten dieselben geblieben; Sean Malones Fretless-Linien fänden hier ohnehin weniger Raum zur Entfaltung, was auch für das Spiel vom Sympathieverspieler Portnoy gilt, den man angesichts der sporadischen Drums gleich zum Sessionmann degradiert hat.
Das Office ist noch synthetischer geworden, klingt nun in seiner Gesamtheit homogener als vorher, als noch die neumetallischen Songbrocken Matheos’ den wavigen Happen Moores gegenüberstanden. Abhanden ist dem Komponistenduo Spannung und die Fähigkeit gekommen, wenigstens halbwegs schlüssige Songs zu schreiben. Es regiert das Klangexperiment, dessen Zutaten vom ersten Album bekannt sind, und welche nun in höheren Dosen angewandt werden.
Dabei verspricht der Einstieg mit dem geradeaus rockenden „Sure You Will“ mehr, als die stetig abfallenden nachfolgenden Stücke halten. Von einem simplen Bassgroove getragen und mit pluckernden Programmings angereichert, trägt der Song die Hookline mit Moores typisch effektbeladenem Gesang über die Zielgerade. Der Titeltrack ist bereits das Albumhighlight und zeigt hinsichtlich der Tonwahl und Akkordfolgen die Handschrift von Matheos. Bei all seiner Limitiertheit ergänzt sich der Gesang perfekt mit der organischen Instrumentierung. Diese gerät im folgenden Stück bereits etwas ins Hintertreffen. „Go“ jagt die Akustische durch Effektgeräte, Sequenzer und zischende Elektrosounds unterstreichen die melancholische Grundausrichtung. Noch Braten die E-Gitarren hier und dort, doch ohne Nachhalt und abrupt bricht das Konstrukt zusammen.
Mit „All Gone Now“ stellen sich Verschleißerscheinungen im Gitarrensektor ein: Matheos’ spätestens seit “A Pleasant Shade of Gray” kultivierter, trocken-schwerer Klampfensound und ökonomische Tonwahl mögen ihren Reiz haben – zuweilen glaubt man aber nicht, den Macher von „The Ivory Gate of Dreams“ oder „The Eleventh Hour“ hier derart ideenlos aufspielen zu hören. Breit und elegisch führt der Gitarrist an, doch setzt Moores dünnes Organ ein, muss er sich zurückhalten und dem synthetischen Fundament die Hauptrolle überlassen. Schade ist dabei, dass dieses ebenso wenig zu einem gelungenen, wenn auch düsterem Stück beiträgt.
„Home Was Good“ treibt die Künstlichkeit auf den Gipfel: Piepsen, verhallter Gesang und nur einzelne Gitarrennoten machen die Rhythmusgruppe nicht entbehrlich, sie fehlt ebenso wie ein konziser Spannungsaufbau. Zwischenzeitlich machen cleane Pickings und hintergründige Hammondsounds das krude Bild zwar ein wenig wärmer, doch insgesamt ist das alles doch sehr „post“...
„Bigger Wave“ ist wieder simpler, wenngleich auch nicht eingängig; es plätschert stoisch einher und kann das simple Arrangement nicht in einen interessanten Song transferieren. „Kicking“ und „Better“ zeigen wieder mehr „Band“ – ersteres durch wabernde Synthies als Bereicherung statt in Zerstörungsfunktion sowie mit eingängigem Gesang, zweiteres mittels lebhafter Melodieführung und Tool-iger Rhythmen. „Simple Life“ ist derart spannungsarm, dass man sich nur der nach wie vor bestehenden textschreiberischen Fähigkeiten Moores bewusst wird. „Once“ klingt beliebig, ebenso das Akustikgeschrammel „Our Town“ – die Art von Song, die auch das Ende des Debüts leicht schwächeln ließ...wenn auch nicht in diesem Ausmaß.
Die Bonus-CD braucht man nicht unbedingt. Neben dem nur klanglich bescheideneren Demo des Debütsongs „When You’re Ready“ geben sich die anderen Stücke teilweise tanzbar („Osidea“) und oft mit allerlei Stimmexperimenten angereichert. Einiges wie „Communicant“ ist lediglich Klangversuch und nervt durch hibbeliges Drumprogramming, nämlich die beiden letzten Stücke. Interessant wäre noch in Erfahrung zu bringen gewesen, wer Bige Akdeniz ist, der hier mitkomponiert und Gitarre gespielt hat. Die bisher gelesenen Interviews ergehen sich in Standards.
FAZIT: O.S.I. setzen nunmehr auf gleichwohl sehr gut klingende Soundstudien und weder auf einnehmende Songs noch ausladende Strukturen. Dies birgt neben unausweichlich langweiliger Musik auch die Gefahr, in einigen Jahren ob dieser charakteristischen Klänge anachronistisch zu wirken. Die einstigen Trademarks gewisser Elektronik-Künstler sieht man schließlich heute auch als abgestandene Relikte vergangener Dekaden an. Zeitlos gute Musik ist das hier nicht, und auch nicht einmal kurzweilige Hits...
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Joey Vera
Kevin Moore
Jim Matheos
Jim Matheos, Kevin Moore
Mike Portnoy
Kevin Moore (programming)
InsideOut/SPV
67:44
2006