Obwohl man seinen Namen immer noch vorwiegend der Spezies der "Guitar-Heroes" zuordnet, ist der ehemalige POISON- und MR.BIG-Klampfer schon lange mehr als das. Neben seinen bekannten handwerklichen Fertigkeiten und seiner Beteiligung an fast schon unzähligen Veröffentlichungen, hat er sich auch die Anerkennung als "Songwriter" durch die ebenfalls schon bemerkenswerte Länge der ureigenen Diskografie längst redlich verdient. Und dass er im Gegensatz zu den meisten seiner Artgenossen dann noch über eine beachtliche Gesangsstimme verfügt, ist ein weiterer Grund, warum ein RICHIE KOTZEN-Album schon lange kein ausschließlicher Fall für Freunde von Instrumentalkunst mehr ist.
Auf vielen Gebieten zuhause, ist es auf dem neuesten Werk des Allroundkünstlers, der einmal mehr für alles hier Gehörte allein verantwortlich ist, wie schon oft zuvor der bluesorientierte Hardrock, den er vordergründig auslebt - und diesen hat er wohl selten so tiefgründig und emotional dargeboten wie auf "Into The Black".
Der Opener "You Can´t Save Me" ist schon mal ein echter Mitreißer, der mit unerwartet angepisstem Text daherkommt und sowohl Wut als auch Zerbrechlichkeit transportiert. Im Wechsel mit dem melodischen Refrain sind es gerade Zeilen wie "Fuck your money, fuck your fame, fuck my life, I walk away", die die Hartnäckigkeit des Songs ausmachen und die sich im Bewusstsein festsetzen. Da ist dem Maestro aber mal eine heftige Gefühlslaus über die Leber gelaufen. Und das Rätsel um die Bewandtnis des Warnhinweises auf dem Cover ist auch schon mal gelöst.
Fern von Happiness liegt die vertonte Gefühlslage auch beim Rest der Platte irgendwo zwischen entspannt und deprimiert. Lässige Blueserocker wie "Misunderstood" und "Fear" verbreiten eine ähnliche Atmosphäre, wie ich sie zuletzt bei den ruhigen Songs von BLACK LABEL SOCIETY verspürt habe. Nach dem etwas lockeren Mainstreamer "The Shadow" - wer auf die neue EUROPE steht, sollte hier auch mal reinhören - wird es dann fast schon depressiv. Sowohl das mit dem souligen Charme von Barmusik schmachtende "Doin´ What The Devil Says To Do" als auch das flehende "Till You Put Me Down" (die Gitarre geht hier richtig tief - klasse!) können den seelisch angeknacksten Hörer tiefer ins Selbstmitleid stürzen. Zweimal geeigneter Soundtrack, um sich in trübsinniger Einsamkeit mit ´ner Buddel Whisky die Lichter auszuschießen. Während einen der Midtempo-Rocker "Sacred Ground" danach ein wenig aus der Gedankenwelt reißt, drückt die soulige Herzschmerz-Ballade "My Angel" ganz am Ende noch mal auf die Emotionsdrüse.
Auch wenn "Your Lies" und "Livin´ In Bliss" nicht mehr ganz so gut reingehen, weist jeder Song für sich seine Qualitäten auf. Die Brillanz an seinem Lieblingsinstrument kommt meist in kurzen, aber markanten Soli zum Ausdruck, die den Song aber jeweils aufwerten, statt ihn zu zerstören. Und was Kotzen hier gesanglich bietet, hat fast schon Glenn-Hughes-Qualitäten. Einziges Manko ist, dass die vertonte Melancholie etwas zu geballt daherkommt, worunter die Abwechslung leidet. Zumindest die Fans seiner erfolgreichen Vergangenheit im Bandgefüge könnten hier auf Dauer Schwierigkeiten bekommen, interessiert am Ball zu bleiben.
FAZIT: Mächtig viel Seele hat der Selfmademan in sein jüngstes Album gesteckt. Hier stehen die Songs eindeutig im Vordergrund und damit bleibt der Mann aus Pennsylvania immer noch eine Ausnahmeerscheinung unter den saitentalentierten Solokünstlern.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Ritchie Kotzen
Ritchie Kotzen
Ritchie Kotzen
Ritchie Kotzen
Frontiers Records
44:43
2006