Die Abstände zwischen den Alben der US-Metal-Legende werden leider auch immer länger. Aber die Fans der Band hierzulande können ja schon froh sein, vier Jahre nach "Through The Storm" überhaupt in den Genuss des mittlerweile 13. Studioalbums von Mark Reale und Anhang zu kommen, ist dieses doch schon seit mehreren Monaten in Japan auf dem Markt. Aber in Nippon war die Band ja schon immer eine größere Nummer als anderswo und auch frühere Alben kamen dort schon mit zeitlichem Vorsprung heraus. Zum Glück hat sich nun also mit dem Münchner Label Metal Heaven auch ein hiesiger Business-Vertreter der Qualitäten der New Yorker Kultkapelle besonnen.
Klar, dass es in der Besetzung wieder leichte Veränderungen gegeben hat: Am Schlagzeug wurde Bobby Rondinelli durch Frank Gilchrist (VIRGIN STEELE) ersetzt. Darüber hinaus konnte man als Gäste Keyboarder Bruno Ravel (DANGER DANGER) und für die Backing Vocals Tony Harnell (Ex-TNT) begrüßen, beide ebenfalls aktiv bei Mark Reales zweitem Kind WESTWORLD.
Dass die Zeiten der vergötterten Frühwerke und auch der Meilensteine à la "Thundersteel" und "Privileg Of Power" vorbei sind, damit haben wir uns ja längst abgefunden (obwohl...so richtig endgültig auch irgendwie nie...) und uns inzwischen mit dem seit Mitte der 90er etwas veränderten Stil in Richtung Hardrock auch recht gut angefreundet - nicht nur wegen des Über-Albums "Inishmore".
Der Blick auf´s Cover weckt allerdings erstmal Erinnerungen an die rührigen Anfangstage: Der Seehund ist ins Artwork zurückgekehrt und glotzt einen wieder genauso sinnfrei an, wie früher. Ein Zeichen, könnte man meinen. Und tatsächlich: Das Album startet mit dem Titelsong rasant wie lange nicht und Mark Reale legt dem verdutzen Hörer ein lupenreines Heavy-Riff vor die offene Kinnlade. Erinnerungen an seelige "Thundersteel"-Zeiten werden wach und zusammen mit der bluesigen Stimme Mike DiMeos ergibt dies einen überraschenden und voll gelungenen Einstand.
Mit dem folgenden "Knockin´ At My Door", bei dem mir der Refrain etwas zu glatt ausgefallen ist, geht´s dann aber erstmal zurück in die Gegenwart. Selbst bei diesem, etwas schwächeren Vertreter der jüngeren RIOT-Geschichte bleibt man nicht nur durch den längst vertrauten Gesang, verbunden mit der tiefgründigen Instrumentalarbeit von Bandkopf (und einzigem Original-Mitglied) Mark Reale weit ab jeglichen Mainstream-Mittelmaßes. Aber spieltechnisch waren die einzelnen Vertreter in der umfangreichen Besetzungsliste der RIOT-Geschichte ja schon immer gegen jeden Zweifel erhaben; so auch hier.
Im Verlauf gibt es dann erstmal weitere, der zuletzt für RIOT typischen, gefühlsbetonten Hardrocksongs, häufig in der Schnittmenge von RAINBOW, DEEP PURPLE und WHITESNAKE, zu bewundern, die mit Eingängigkeit strotzen, ohne oberflächlich zu wirken - dafür sorgen allein die teils komplexen und jederzeit songschreiberisch dichten Arrangements. Allein für die gewohnt imposanten Gitarrenspuren würde manch ambitionierte Nachwuchsband ihre Seele verkaufen.
Mit "The Mystic" wird dann zu Beginn der zweiten Albumhälfte noch mal der eigenen Vergangenheit gefrönt. Das Gemisch aus Hardrock mit Gitarren fast in Speed-Metal-Manier begeistert wie der Opener im alten Stile, während die erdige Stimme gleichzeitig die RIOT-Moderne präsentiert. Einen ähnlichen Vertreter dieser Art findet sich noch mit dem im Tempo variierenden "Shine".
Komplettiert wird das für mich beste RIOT-Werk seit "Inishmore" schließlich neben weiteren, typischen Midtempo-Rockern und dem obligatorischen Instrumental "Stained Mirror" noch durch das coole "Alive In The City", einem fettem Hardrocker mit Bluesanteil.
FAZIT: Die alten Recken von RIOT haben es einmal mehr geschafft, auf ihre eigene, anspruchsvolle Art traditionellen Hardrock mit Elementen des Heavy Metal zu verbinden. Dabei haben sie eine kleine Brücke zu ihren Wurzeln geschlagen und halten somit auf "Army Of One" für Fans aller Band-Phasen etwas bereit. Bleibt zu hoffen, dass es auch endlich mal wieder zu einer der rar gesäten Live-Umsetzungen des neuen Stoffes kommt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Pete Perez
Mike DiMeo
Mark Reale, Mike Flyntz
Frank Gilchriest
Metal Heaven
66:06
2006