Man könnte im Kontext von SACRED STEEL über das Faust-in-die-Luft-Recken und die Haar-im-Wind-Qualitäten ihrer Musik schwadronieren; andererseits mag man sie belächeln, Allgemeinplätze wie Kompromisslosigkeit und Authentizität bemühen oder sie schließlich aus eben all diesen Gründen hassen. Nüchternheit bei der Betrachtung schadet nicht, auch wenn die Band bei steigendem Promillewert des Hörers sicher noch gewinnt.
SACRED STEEL spielen nach wie vor ruppigen Metal im Stil der Achtziger und mit geographischer Verortung auf dem nordamerikanischen Kontinent. Den Spielwitz haben sie nicht im gleichen Maße wie die einschlägigen Ikonen des Thrash, als dieser noch Speed Metal hieß. Statt Muckertum überwiegt daher Ungestüm im Sinne von Exciter oder Dark Angel, vor allem in den ersten Stücken der Scheibe. Einige Songintros – „Impaled By Metal“ lässt eine Metalgegnerin mit ihren Plänen zur Entmetallisierung der Jugend zu Wort kommen – zeugen von Humor. Ansonsten bewegen die Süddeutschen sich immer noch auf ironiefreiem Territorium, wenn auch mit einer Vorliebe für Verschrobenes, wo andere dem zwei Dekaden alten Mainstream hinterher musizieren: Angel Witch statt Maiden also, und Pentagram an Stelle von Black Sabbath.
Kontrolliertere Momente sind gleichwohl in der Minderheit und in Gänze nur im neun Minuten langen „Black Church“ zu belauschen. Das Stück nimmt die Epik Manilla Roads auf, deren häufig ungelenke Arrangements SACRED STEEL ebenso adaptiert, beziehungsweise mehrheitsfähige Strukturierung generell erst gar nicht gelernt haben. Darin besteht neben der heute nur noch selten eingenommenen Stilnische und Gerrit Mutz´ polarisierender Stimme der hauptsächliche Reiz der Gruppe. Die Klassiker sind bereits geschrieben – es bleibt die sinnfreie Heraufbeschwörung textlicher Klischees und Aufbereitung alter Muster ohne postmoderne Brechung. Die rohe Produktion passt genauso wie das Vinylknistern als Albumklammer.
Wenn man SACRED STEEL auch verdammt – den Vorwurf, schlechte Musik innerhalb ihres Feldes zu spielen, müssen sie sich nicht machen lassen. Wie ihre Vordenker kennen sie Abwechslung und Dynamik sowie die Wichtigkeit von melodiösen Fills und Soli, die der vermeintlichen Königsdiziplin der verzerrten Gitarre auch gerecht werden. Als dunkles Akustik-Zwischenspiel trägt „Descent Of A Lost Soul“ klare Züge ähnlicher Annihilator-Tracks, während „Generally Hostile“ widerum von Hallow´s Eve stammen könnte – genascht wird vom Guten, aber nicht Erstbesten.
Der Tellerrand war schon immer schwarzgefärbt, wie Chefgourmet Mutz in Lobpreisungen Bal-Sagoths stets bekundete. In den letzten Jahren wurde dies auch hörbar in fies-doomigen Passsagen, sinistren Melodien und vereinzelten Grunts. Eine solch überkandidelte Gesangsperformance ist interessant, etwa wenn Heiserkeit und Sirenenstimme bruchlos ineinander übergehen. Zuweilen – wie im eröffnenden Titelstück – sind die Melodien so platt und cheesy, dass sie im Verbund mit der instrumentalen Rotzigkeit wiederum glänzen. Ferner stiften sie Eingängigkeit, die nichts mit den plumpen Hymnen von Italiens oder Skandinaviens True-Metal-Schülern gemein hat.
Das Unbequeme an SACRED STEEL besteht heute nicht mehr in der Plakativität, die anderswo längst in debilerer Form übertrumpft wird, sondern wortwörtlich: man spielt klassischen Metal der unangepassten Sorte, der sich der wichtigen Zutaten Energie und Abwechslung bedient, aber eben nicht dem Konsens.
FAZIT: Die Gruppe strapaziert die obligatorische Ästhetik nach wie vor musikalisch, bringt sie aber nicht mit medialer Großmäuligkeit zum Zerreißen. Originell geht anders, doch mit der glatten und schlechteren Version dieses Sounds erfreut sich aktuell ein Haufen PVC-Metaller breiter Aufmerksamkeit...
Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.01.2008
Kai Schindelar
Gerrit P. Mutz
Jens Sonnenberg, Jonas Khalil
Mathias Straub
Massacre/Soulfood
48:46
2006