SAXON sind mit großem Abstand die Band, die ich in meinem Leben bisher am häufigsten live gesehen habe – und vielen älteren Metalfans und auch regelmäßigen Festivalgängern dürfte es genauso gehen. Und diese seien gefragt: Habt Ihr schon mal ein schlechtes SAXON-Konzert erlebt? Wohl kaum. Daher kann man auch mit einem Livealbum von Biff & Co nicht viel falsch machen.
Fast 25 Jahre nach dem ersten und 10 Jahre nach dem zweiten Teil der “Eagle-Serie” kann man dann auch nicht von einem Aufguss alter Glanztaten sprechen; erst recht nicht, wenn man sich die Tracklist anschaut. Statt wie bei den Vorgängern größtenteils auf die Klassiker zu setzen, gibt es hier einige Live-Raritäten und vergessene Perlen zu entdecken. Und mit “Never Surrender”, “Wheels Of Steel”, “Crusader” und dem abschließenden “Solid Ball Of Rock” waren lediglich vier der insgesamt 32 Songs dieses Doppeldeckers bereits auf einem der älteren Brüder enthalten.
Es sei daher auch schon mal vorweg erwähnt, dass jeder, der von einem Livealbum auch so etwas wie ein Best-Of-Programm erwartet, an einen der älteren Adler verwiesen sei, zu denen es hier mit viel Insiderstoff auf zwei randvollen CDs die ideale Ergänzung gibt.
Das im Laufe von zwei Jahren an neun verschiedenen Orten (überwiegend in Deutschland) mitgeschnittene Material präsentiert sich sehr naturbelassen und erdig und vermittelt dem Hörer trotz des geografisch gemischtem Publikums dank des guten Zusammenschnitts den Eindruck eines durchgehenden Konzerts; auch wenn die Publikumsreaktionen dadurch nicht immer ganz passend sind, schließlich huldigt man der auftretenden Band zu Beginn eigentlich weniger euphorisch, als bei Konzertende in der Hoffnung auf Zugaben. Aber egal, Band und Fans bilden stets eine gute und bestens aufgelegte Einheit. Die Gesamtumstände stimmen also schon mal – und die Songauswahl letztendlich auch.
CD 1 präsentiert uns selten gehörte Songs aus alten Zeiten, die durch die vielen Bandhymnen teilweise in Vergessenheit geraten sind. Das Debüt ist hierbei gleich mehrfach vertreten (“Backs To The Wall”, “Frozen Rainbow” und “Stallions Of The Highway”), der Rest stammt ebenfalls ausnahmslos aus den Anfangsjahren der Band (konkret von den ersten sechs Alben) und der Silberling klingt dann auch zeitlich korrekt mit dem “jüngsten” Song “Crusader” aus.
Auf CD 2 wird dann der Neuzeit Rechnung getragen. Dort wird neben Hymnen jüngeren Datums vor allem Schwerpunkt auf das letzte Album "Lionheart" gelegt, das hier fast komplett vertreten ist. Viel zu meckern gibt es auch hier nicht – aber eines schon: Der beste Song dieses Albums “Witchfinder General” fehlt. Das verstehe wer will. Aber vielleicht bewahrt man sich diesen ja für den vierten Teil auf. Und wenn die Band den bisherigen Rhythmus beibehalten würde, dürfen wir uns dann immerhin auch noch auf einige Studioalben freuen.
Eine Anmerkung noch: Laut Booklet sind hier zwei Schlagzeuger zu hören: Bei den Aufnahmen aus 2004 Jörg Michael, der sich nach einem Album wieder Richtung STRATOVARIUS verabschiedet hat, und ab 2005 der zurückgekehrte Nigel Glockler, der zur Zeit seinen dritten Anlauf bei SAXON unternimmt. Allerdings wurden laut Aufzählung fünf der hier enthaltenen Songs 2004 in Wacken mitgeschnitten. Nun, dort war ich anwesend – und wenn ich jetzt nicht total daneben liege, saß dort hauptsächlich Fritz Randow (jetzt wieder VICTORY) hinter den Kesseln, bevor Jörg Michael und auch Glockler im weiteren Verlauf als Überraschungsgäste dort Platz nahmen. Komisch, dass er gerade bei den ausgewählten Songs nicht zu hören sein soll...
FAZIT: Mit Eagle III zeigt sich eine der ehrlichsten und konstantesten Livebands der Metalszene wieder von ihrer besten Seite. Und da sie sich nicht auf ihre Klassiker verlässt und zu Gunsten der Abwechslung ein gewisses Risiko eingegangen ist, ist dies hier die Livescheibe für den wahren SAXON-Fan, der nicht nur an der Oberfläche fischt. Für Feinschmecker!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Nibbs Carter
Biff Byford
Paul Quinn, Doug Scarratt
Jörg Michael, Nigel Glockler
Steamhammer/SPV
142:17
2006