Man muss schon eine gewisse Portion Selbstbewusstsein mitbringen, wenn man als ziemlich unbekannter Musiker seiner ersten Band den eigenen Namen verpasst, um so auf dem internationalen Markt bestehen zu können; erst recht, wenn man wie hier durch die beteiligten Wegbegleiter mittels Namedropping richtig gut punkten könnte.
Bei Taz Taylor handelt es sich um einen Gitarristen aus Birmingham, der vor etwa zehn Jahren ins sonnige Kalifornien übergesiedelt ist, um von dort seine Karriere voranzutreiben. Als Resultat steht bisher ein Instrumentalalbum namens „Caffeine Racer“ auf der Habenseite, mit dem er scheinbar zumindest in den dortigen Musikerkreisen Aufmerksamkeit erregen konnte. Für den nächsten Schritt auf der Leiter, für den die Hinzunahme eines Sängers zweifellos unerlässlich ist, konnte er nämlich keinen Geringeren als Graham Bonnet gewinnen, dessen Bekanntheitsgrad nicht nur ungleich größer ist, sonder der auch zu den Besten der alten Hardrockgilde zählt.
Sein Mitwirken an „Welcome To America!“ ist natürlich auch eine Qualitätsaussage über den Initiator, schließlich ist Bonnet durch seine Vergangenheit dafür bekannt, sich nicht gerade mit dem Mittelmaß der Gitarristenszene abzugeben. Namen wie Blackmore (bei RAINBOW), Malmsteen und Vai (beide bei ALCATRAZZ), Michael Schenker (bei MSG) und Chris Impellitteri seien als Beleg in Erinnerung gerufen.
Sein neuer Kompagnon nennt Alben von MSG, GARY MOORE, frühen OZZY OSBOURNE und VAN HALEN als Inspiration. Dies hört man dann auch auf „Welcome To America!“, nicht nur durch seine Eigeninterpretationen von Moores „Parisienne Walkways“ oder der Ozzy-Ballade „Goodbye Mr. C (Goodbye To Romance)“. Seine Qualitäten am Instrument sind nicht zu überhören, äußern sich aber nicht durch Geschwindkeitsrekorde brechendes Ego-Geschrubbe, sondern vor allem durch sein warmes, gefühlvolles Spiel, das auch in den schwierigen Passagen harmonisch und songorientiert bleibt. Das ändert natürlich nichts daran, dass reine Instrumentalsongs oder längere Gitarrenpassagen, wie man sie hier auch vorfindet, weiterhin Geschmackssache sind und den meisten Endverbrauchern schnell zu langweilig werden.
Konzentrieren wir uns also auf die Glanzpunkte, die ganz klar durch das freudige Wiederhören einer der markantesten und eigentümlichsten Stimmen der Hardrockszene gesetzt werden. Von Anfang an wird man hier durch die Reibeisenstimme Bonnets an die Genreklassiker erinnert, an denen er beteiligt war. Vor allem sein kurzer Aufenthalt bei RAINBOW, der immerhin die Welthits „Since You´ve Been Gone“ und „All Night Long“ zur Folge hatte, sowie die zeitlich daran anschließenden ALCATRAZZ könnten beim Entstehen der Songs Pate gestanden haben. Und auch die Vorlieben des Gitarrenhelden bleiben weiterhin präsent, denn durch das ähnliche Timbre von Bonnet zu David Lee Roth (auch wenn er der wesentlich bessere Sänger ist) bei Songs wie dem guten Opener „Fighter´s Fist“ klingen auch mal die frühen VAN HALEN durch.
Richtig klasse wird es, wenn der Sänger bei dem rhythmisch stampfenden „Happy Hour“ richtig aus sich rauskommt oder sich beim Refrain des alle übertreffenden Titeltracks in Bereiche gurgelt, die fast ungesund, aber geil ungesund und nach mächtig viel Whisky klingen. Ein Song für die Dauerrotation.
Trotz aller Qualitäten ist hier aber doch nicht alles Gold, was glänzt. Ich kann mich nämlich nicht des Eindrucks erwehren, dass die Band noch nicht entschlossen und zielstrebig genug zu Werke gegangen ist und das tatsächliche Leistungsvermögen hier noch nicht abgerufen wurde. Entweder fehlte noch die Zielgenauigkeit oder es bestand ein gewisser zeitlicher Druck, der ein umfangreicheres Arbeiten bisher verhindert hat, wer weiß. Zieht man nämlich die Instrumentals und Coverversionen, sowie schwächere Songs wie „Radio Luxembourg“ und „Haunted“ ab, bleiben bei sehr überschaubarer Gesamtspielzeit gerade mal eine Handvoll selbstentworfener Songs gehobener Qualität. Da hätte auch quantitativ etwas mehr kommen können - denn wenn man in ein Spitzenrestaurant geht, will man schließlich möglichst viel vom Hauptgericht. Sollte die Band sich entschließen, die genannten Albumhighlights als Anhalt für die zukünftige, hoffentlich anhaltende Zusammenarbeit zu nehmen, ist hier nach oben hin noch einiges mehr drin.
FAZIT: Ob sich diese CD für moderne Ohren eignet, ist fraglich. Aber nostalgische Freunde des klassischen Hardrocks, die noch die frühen Glanztaten des teilnehmenden Vokalakrobaten auf ihrem Punktezettel ganz weit oben haben, werden hier bedient, wie lange nicht mehr - wenn auch in Maßen.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.01.2008
Dirk Krause
Graham Bonnet
Taz Taylor
Bob Miller
Richard Livoni
Escape Music
42:30
2006