Seit 20 Jahren schaffen es WALTARI, sich konsequent jeder Einordnung in Genreschubladen zu widersetzen. So viel Eigensinn ist schon mehr als beachtenswert, obwohl gerade die Bereitschaft zum bedingungslosen Vermischen von nach gängigen Meinungen komplementären Musikstilen ein neues WALTARI Album schon vorhersehbar macht. Die Finnen komponieren einen Nummer eins Dance Hit mit der gleichen Leichtigkeit, mit der sie eine Death Metal Oper mit Orchester aufs Parkett legen oder eine Metal Symphonie inklusive Chor und Baletteinlagen in der finnischen Staatsoper aufführen.
Die Weichen für „Blood Sample“ sind also gestellt, Berührungsängste kennen die Herren um Bandkopf Kärtsy Hatakka (der auch den Soundtrack zum Computerspiel „Max Payne“ komponierte) immer noch keine. Ziemlich modern und rockig klingen die Gitarren bei „Helsinki“ – der finnische, dunkle, beschwörerische Gesang setzt einen reizvollen Kontrast, ebenso die vereinzelten Death Grunzer, „Not Enough“ ist eingängiger Pop Rock wie aus dem Radio, irgendwie schnittig, „New York“ startet mit typischem Power Metal Galoppel Riffing und mutiert im Mittelteil zu rasenden Black Metal Blasts, „I´m In Pain“ vergrault den Normalo-Metaller mit Hip Hop Einlagen und relaxtem Chorus, der epische Langsam-Stampfer „Digging Inside“ mit schepperndem Drumming verbreitet leider gepflegte Langeweile, „Fly Into The Light“ unterlegt einen straighten Rocker mit Techno-Beats (DJ Bobo Metal?) und „Shades To Grace“ klingt wie ein 80er Wave Track mit echten Instrumenten. Richtig interessant wird es bei „Pigeons“, das mit Flamenco Rhythmen, Sprechgesang, orientalisch-folkloristischen Chören und knackigem Rock einen Albumhöhepunkt setzt. Danach geht es wie selbstverständlich mit einer psychopathischen Techno-Grindcore Nummer weiter, deren Titel „Exterminator Warheads“ Programm ist – und wie um die freigesetzte Aggression im nächsten Track wieder zu relativieren, heißt es dort zu eingängigen Rock-Klängen „I would be your little darling“.
Für Abwechslung ist also gesorgt und während der ersten Durchläufe klingt „Blood Sample“ alles andere als langweilig. Doch nach und nach offenbaren sich die Schwächen: Alles ist Stückwerk, die Songs ergeben keine Einheit, das Album klingt eher wie ein Sampler mit einigen netten Stücken, die man auf einer Feier im Hintergrund laufen läßt. WALTARI beherrschen zwar beinahe jeden Stil, den sie aufnehmen, aber wirklich packende Songs mit Spannungsaufbau und unauslöschlichen Melodien sind leider Mangelware. So bleibt letztlich „nur“ eine interessante Ansammlung von einzelnen Songs, die sich leider viel zu schnell abnutzen.
FAZIT: Crossover Freaks mit einem offenen Ohr von Rock und Metal über Hip Hop und Singer/Songwriter bis zu Grindcore und Wave Pop sollten mindestens einmal zaghaft an „Blood Sample“ schnuppern und probeweise goutieren.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Kärtsy Hatakka
Kärtsy Hatakka, Jariot Lehtinen, Sami Yli-Sirniö
Jariot Lehtinen, Sami Yli-Sirniö
Kärtsy Hatakka
Ville Vehviläinen
Dockyard 1
78:58
2006