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Winger: IV

Stil: Melodic Hardrock/AOR

Cover: Winger: IV

Die Band um Namensgeber Kip Winger ist eine der ehemaligen Stadiongrößen, die es mit dem Beginn der Grungewelle am schnellsten dahingerafft hat. Die ersten beiden Alben der Melodic Hardrocker erreichten Platin in den Staaten und brachten diverse Single-Erfolge hervor; unter anderem die Megahit-Ballade "Miles Away". Das dritte Album "Pull" von 1993 konnte da im veränderten Zeitgeist nur floppen, was dann auch recht schnell die Auflösung der Band zur Folge hatte. Waren die einzelnen Musiker in den vergangenen Jahren alles andere als untätig - der Bass spielende Sänger hat u.a. drei (mir nicht bekannte) Soloalben veröffentlicht; Gitarrist Reb Beach war bei DOKKEN, ALICE COOPER und THE MOB zu hören und gehört weiterhin zum WHITESNAKE-Line Up - versucht man es jetzt noch einmal gemeinsam unter der ehemals so erfolgreichen Flagge.

Die alten Scheiben zu Vergleichszwecken mal wieder aufgelegt, fällt vor allem erst mal wieder auf (neben den extrem veränderten Frisuren *g*), dass das unterbewertete "Pull" einige der besten WINGER-Songs zu bieten hatte (man höre nur mal "Junkyard Dog" oder "Blind Revolution Mad"), die aber damals schon mit den vorherigen Schnittmusterhits kaum noch was gemein hatten.

Stilistisch knüpft man nun mit Album Nr. 4 in etwa dort wieder an, ist dabei aber noch nachdenklicher und ruhiger, zugleich auch sperriger geworden. Nicht, dass das Album keine Hooklines beinhalten würde und auch der erwartete Schmachtfetzen ist zu finden ("On A Day Like Today"), aber das Hauptaugenmerk wurde nicht mehr zwingend auf die Refrains gelegt, wie das früher der Fall war; deutlich zu spüren, dass von WINGER niemand mehr einen Hit erwartet.

Nur dem eigenen, musikalischen Anspruch verantwortlich, entstanden so neben einigen modern anmutenden Rocksongs wie dem phasenweise düsteren "Right Up Head", dem leicht funkigen "M16" und dem schnelleren "Your Great Escape" auch ungewöhnlich leise Stücke wie das nachdenkliche, leicht spacige "Blue Suede Shoes", bei dem vielleicht die vorübergehende Anstellung des Sängers beim ALAN PARSONS PROJECT durchschimmert. Beim kantigen "Generica" wiederum hat seine Vergangenheit bei ALICE COOPER deutliche Spuren hinterlassen; zumindest bis der Song mit einer unpassend langen Jamsession ausklingt.

Abschließend bleibt festzustellen, dass dieses Album durchaus okay ist - mehr aber auch nicht, dafür plätschert einfach zu viel am Hörer vorbei. Für eingefleischte Fans der früheren Alben (und somit für die potentiellsten Käufer) scheint eine Hörprobe vorm Einkauf am dringendsten geboten.

FAZIT: Bei den ehemaligen Multisellern ist kaum noch etwas von der FCKW belasteten Poser-Vergangenheit zu spüren. Ihr erwachsen gewordener Hardrock präsentiert sich ernsthaft und nicht ohne Anspruch, klingt durchweg glaubwürdig - reißt aber dennoch nicht nachhaltig mit und wird letztendlich von der Musikwelt ziemlich unbemerkt bleiben.

Punkte: 7/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008

Tracklist

  1. Right Up Ahead
  2. Blue Suede Shoes
  3. Four Leaf Clover
  4. M16
  5. Your Great Escape
  6. Disappear
  7. On A Day Like Today
  8. Livin´ Just To Die
  9. Short Flight To Mexico
  10. Generica
  11. Can´t Take It Back

Besetzung

  • Bass

    Kip Winger

  • Gesang

    Kip Winger

  • Gitarre

    Reb Beach, John Roth, Cenk Eroglu

  • Keys

    Kip Winger, Cenk Eroglu

  • Schlagzeug

    Rod Morgenstein

Sonstiges

  • Label

    Frontiers Records

  • Spieldauer

    49:59

  • Erscheinungsdatum

    2006

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