Man kann hoffen, dass die Schweden bei Kerzenlicht nun besser bedient sind als mit Ohrenschmerz. Beide Labels waren und sind ungewöhnlich für den melodischen Metal Wolverines, zumal die Death-Wurzeln in Form von Losbjers Growls mittlerweile völlig gekappt wurden.
So lange es mit der neuen Scheibe gedauert hat, so durchdacht klingt diese nun. Dynamik und changierende Tempi führen in „Still“ ein. Das Eröffnungsstück stellt die gegensätzlichen Komponenten der feinfühligen Produktion heraus: sphärisch, aber nuanciert sind die Strophen, und der Chorus hebt in angemessener Form die Phonstärke; die Bridge bündelt die Härte bis zum scheppernden Höhepunkt, ehe ein Pianobreak zurück und zum Ende führt. Nach wie vor heben die konsequenten warmen Synth-Sounds Wolverine aus dem Prog-Metal-Einerlei heraus, was hoffentlich auch mit dem neuen Mann Per Henriksson so bleiben wird – hier steht noch Bagge hinter den Tasten. Zusammen mit Sänger Zell schiebt der Keyboarder „Bleeding“ in Richtung des Schaffens von Arjen Lucassen. Dunkle Stimme und Hammond-Klänge verweisen nicht ins Weltall, wohl aber zu Star One. Zusätzlich fließen akustische Teile und Klavierpassagen ineinander, und der Gesang ist vielschichtig arrangiert. Dabei erinnert er kurz durch Radio-Effekt an Buddy Lackey (zumal bei dem Songtitel...).
Selten ergeht die Band sich in taktischer Mathematik, doch Ausgefeiltheit muss nicht zwingend Komplexität bedeuten. „Taste of Sand“ schichtet akustische und unverzerrte Gitarren auf eine melancholische Stimme. Das Stück klingt nach freier Natur und stände auch Green Carnation gut, schlägt jedoch im Refrain gleichfalls lautere Töne an. „Nothing more“ ist experimentierfreudig, mit Glöckchen und auf die deprimierte Stimme zugeschnitten: „All my life I’ve been waiting, but now there’s nothing left to live for“. Man behält den Trauerflor für „Sleepy Town“ an und drängt deutlicher in Richtung Resignation. Zunächst bauen sich nur Percussion und Keyboards auf, die Stimme wirkt entrückt, und zaghafte Gitarren gesellen sich dazu. Das versprüht einen Hauch Vauxdvihl ohne deren Kälte; der Spannungsaufbau der Rhythmusgruppe – dezent, dann mittels pumpender Achtel - ist vorbildlich.
Kontrastprogramm: der Welt ungeliebtester US-Präsident rezitiert Psalm 23, ein barsches heavy Riff leitet das heftigste und vielleicht schwächste Stück ein. Es gibt durchaus Momente zu Atmen, doch in seiner Gänze steht „Liar on the Mount“ der Gruppe nicht richtig. Es scheint, als wollte sie nicht zuletzt durch das fiedelnde Solo beweisen, dass sie nach dem gebremsten Mittelteil des Albums doch noch rocken können. Das sich anschließende Lied relativiert diesen Eindruck zunächst durch Cello und geschlagenen Akkorde auf der Akustischen, bleibt aber mit wachsender Spielzeit unfokussiert. „this Cold Heart of Mine“ ist klanglich sehr dicht und wird dann offener, nur um im Mittelteil rhythmisch-dramatisch auf ein Synthesizersolo hinzulenken. Das Stück teilt sich seine Gestrecktheit mit dem abschließenden. „And She Slowly Dies“ kann sich bei aller Klasse und Abgeklärtheit ebenfalls der Beliebigkeit nicht erwehren. Stefan Zell klingt halt viel besser, wenn er weniger an der Käsetheke nascht - Das LaBrie-Syndrom einer ansonsten sehr eigenständigen melodischen Metal-Formation mit kompositorischem Anspruch.
FAZIT: Wie es sich gehört, sind Wolverine ein Stück besser geworden und einen logischen Schritt in ihrer Entwicklung gegangen. Deutlich straffer - wenn auch nicht durchgehend – sowie mehr Wert auf individuelle Songs legend, entfaltet „Still“ sich schon beim ersten Hören. Die längeren Stücke zum Ende hin sind gut und dennoch weniger zwingend, garantieren dem Album aber seine Langlebigkeit.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Thomas Jansson
Stefan Zell, Marcus Losbjer
Mikael Zell
ndreas Baglien
Marcus Losbjer
Candlelight/Soulfood
52:12
2006