Viertes Album für BARONESS, welche sich dem Breitformat des bodenständigen Rock widmen. Dies bedeutet: kein Firlefanz an Effekten und Overdubs, dafür nur die Band, welche ihr Soundpotential maximal ausnutzt.
Die Siebziger grüßen aus dem bunten Covergestrüpp, und tatsächlich kommen einem immer wieder Thin Lizzy hinsichtlich der Harmonieverliebtheit und süßlichen Leadgitarren in den Sinn – bloß, dass BARONESS Sykes und Gorham in einen modernen Kontext stellen möchten, der auch Indie-Verschrobenheit beinhaltet. Machismo schickt sich innerhalb von Gitarrenmucke nicht mehr; andererseits wissen die vier Musiker, dass sie keine androgyn-artifiziellen Puppen mit Instrumenten sind, die sanftes Geschrammel aus Angst vor sich selbst produzieren. Wie die Band den Opener von bedächtig bis steinschwer aufbaut, ist seit Postrock und Wall-of-Sound-Langeweile nicht mehr einzigartig, hat aber Klasse, denn Epik wird bei BARONESS nicht zum Selbstzweck, auch wenn distinguierte Songs ebenfalls anders aussehen als diese hier. Zwar basieren sie alle auf klar herausgearbeiteten Ideen, ähneln sich aber im Prinzip stark. Das liegt an der Achillesverse des Gesangs, der auch bei geistesverbrüderten Bands (die Namen später) dem traditionellen Rockfan den Zugang oftmals erschwert – gleichförmig melodiöses Grölen, weder aggressiv noch sonderlich ästhetisch, geschweige denn expressiv.
Idealerweise operiert die Gruppe weitgehend gesangsfrei – oder anders: die Vocals sind ein weiteres Instrument, das kaum benötigt wird, weil BARONESS das Mischen dreier verschiedener Instrumentenfarben zu bunter Kreativität bereits gut beherrschen. „Wailing Wintry Wind“ klingt gar nicht frostig, sondern mystisch und setzt den Sangesbarden erst gegen Ende ein; „The Birthing“ erzeugt klassisches Hardrock-Feeling mit ausgefallenen Flageolet-Melodien, und da viele Instrumentalakustikstücke „Wanderlust“ heißen, haben auch diese vier Herren ein solches geschrieben – der Zeppelin hebt ab. Man endet das Album, wie es begonnen hat – bedächtig, aber um Aufmerksamkeit nicht lange bittend. Allein der Leerlauf nebst kurzem Songfragment am Ende zieht auf den Tatsachenboden zurück, wo man vorher in einem Strom aus warmen Klängen schwebte.
FAZIT: Ein Album im Stile von weniger wagenden Mastodon ohne Hardcore und King Crimson, oder auch vergleichbar mit den Skandinaviern Memfis, allerdings mit längerem Atem und ohne Post-Präfix. Die Stimmung auf „Red Album“ ist durchgehend dieselbe (synästhetisch gesprochen klingt´s in der Tat irgendwie rot oder blumig)), wodurch es nicht einlullt, dafür aber umso geschlossener eine Brücke von ursprünglichem Rocksound zu einer modernen Attitüde baut, die schwer zu erklären, aber durch Hören begreifbar wird: aktualisierte Wurzelpflege ohne Hipster-Faktor.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Summer Welch
John Baizley
John Baizley, Brian Blickle
Allen Blickle
Relapse/Rough Trade
56:38
2007