Der erste Hördurchlauf dieser Scheibe endete desaströs: „Was für ein Käse“, war der erste oberflächliche Gedanke. Beim zweiten Anlauf waren die Zeichen dann schon auf Veriss gesetzt – doch ganz plötzlich begann „Lost In Life“ Spaß zu machen. Vielleicht bedurfte es einfach der sonnenbeschienenen Wiesen und Wälder des Hamburger Nordens, die der Autor dieser Zeilen beim weiteren Probehören durchwanderte, um das mittlerweile fünfte Album der Niederländer gebührend zu würdigen.
CASUAL SILENCE setzen mehr auf eingängige, nachvollziehbare Songstrukturen denn auf ultrakomplexe Instrumentalfantasien. „Goliath Theme“ beginnt nicht sehr originell mit Meeresrauschen – schnell setzt der für die Niederländer typische mehrstimmige, manchmal kanonartige Gesang ein, die Gitarre setzt neben vieler Melodiespielerei stampfende Heavy Akkord-Akzente. Sänger Rob Laarhoven bewegt sich stimmlich irgendwo zwischen Damian Wilson (Ex-THRESHOLD) und einem nasalen Buddy Lackey (PSYCHOTIC WALTZ), was der musicalhaften Atmosphäre vieler Stücke gut steht.
Pathetisch und orchestral geht es weiter mit dem Titeltrack, der mit barocken Tonfolgen und getragener Dramatik Spaß macht. Die Gitarrenarbeit auf „Lost In Life“ ist sehr abwechslunsgreich ausgefallen: Niemals vordergründig technisch, stets eine Melodie nach der anderen fabrizierend, so daß der Sechssaiter über weite Strecken quasi als zweite Singstimme fungiert. Wenn härtere Töne angeschlagen werden, klingen CASUAL SILENCE etwas nach der New Yorker Prog Blaupause zu „Images And Words“Zeiten (nachzuhören bei „Escape“). Hier wird auch gleich eine Schwachstelle deutlich: Über eine Spielzeit von über einer Stunde wird praktisch niemals Gas gegeben – hin und wieder eine Prise Geschwindigkeit und Härte in mehr als homöopathischen Dosen hätte dem Album einen frischeren, abwechslungsreicheren Anstrich verpasst.
FAZIT: In der richtigen Stimmung macht „Lost In Life“ Spaß. Für Hörer, die nicht immer ein „höher, schneller, weiter“ brauchen, bieten CASUAL SILENCE eine prall gefüllte Fundgrube an Melodien und Harmonien, gebettet auf Softprog, zugedeckt mit queenschem Drama, durchwirkt von elegischem, abwechslungsreichem Gitarrenspiel, ergänzt durch Gastgesang von Damian Wilson und Sandra Peeters.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Eric Smits
Rob Laarhoven, Damian Wilson, Sandra Peeters, Ernst LeCocq, Eric Smits
Mark van Dijk, Ernst LeCocq, Henry Meeuws
Henry Meeuws
Igor Koopmans
Rock Inc. / Just For Kicks
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2007