Gut vier Jahre nach dem 2003 veröffentlichten Debütalbum „Ravenland“ der Trierer Metalcombo EDGE OF THORNS steht nun mit „Masquerading Of The Wicked“ der Nachfolger des recht gut in der Szene angenommenen Erstlingswerk in den Startlöchern.
Warum man sich, nach dieser doch eher langen Pause zwischen den beiden Veröffentlichungen, entschieden hat, der Musikwelt nur eine gute dreiviertel Stunde vom Ergebnis des Schaffens und der indes stattgefundenen Entwicklung zu gönnen, bleibt ungewiss. Höchstwahrscheinlich geht es da aber den meisten Musikfans nicht anders als mir selbst. Was nützen einem auf 60 oder gar 80 Minuten künstlich in die Länge gezogene Ideen gegenüber einer gekonnt auf den Punkt gebrachten Portion Energie und dem daraus resultierenden Zufriedenheits-Grinsen? Nichts, aber auch gar nichts!
Wobei wir beim Thema sind. Was der, an erster Stelle des Tonträgers stehende, Titeltrack „Masquerading Of The Wicked“ zwischen den beiden Trommelfellen zu stimulieren vermag, das fühlt sich gleich mal richtig gut an und lässt sogleich Erinnerungen an den Heavy Metal der 80er und 90er Jahre aufkommen. Da hat der Sound einen nicht unbedeutenden Anteil daran. Mit den ersten gesungenen Textzeilen des Frontmanns Dirk Schmitt könnte man sogleich glatt meinen, man hätte die falsche CD eingelegt. Was mich da spontan an David Wayne von METAL CHURCH erinnert, zeigt sich im weiteren Verlauf als eine besondere Fähigkeit des Sängers. Durch den variablen Einsatz seines wohl gestimmten „Instruments“ ist er in der Lage, eine beachtliche Spanne an Eindrücken zu vermitteln. Es ist schon amüsant, immer mal wieder Ähnlichkeiten zu Genregrößen wie z. B. Jon Oliva oder Peavy von RAGE zu assoziieren, ohne dabei jedoch die Eigenständigkeit des Frontmanns in Frage zu stellen. Ob Dirk Schmitt die teilweise ungewohnte Aussprache bestimmter Worte als stilistisches Mittel einsetzt oder es sich um eine Art Dialekt handelt, weiß ich nicht. Stört aber auch nicht weiter.
Die klare Produktion bildet die einzelnen Instrumente sowie den Gesang gut differenzierbar ab, transportiert genügend Druck in die Lautsprecher und wird der Musik der bereits 1996 gegründeten Band gerecht. Der Gesamtsound profitiert von den sich nicht in den Vordergrund drängenden Keyboards von Lothar Krämer und der für diese Musikrichtung typischen und professionell umgesetzten Bass-/Schlagzeugarbeit von Achim Sinzinger und Johannes Schütz. Auf dieser soliden Basis fühlt sich Dave Brixius an der Gitarre spürbar wohl und kann mit ideenreicher Rhythmusarbeit sowie herausragend guten und teilweise virtuosen Soloeinlagen glänzen. Neben klaren Melodien stechen dabei die immer wieder vorkommenden zweistimmigen Parts besonders heraus. Sie verleihen dem Sound zusätzlich ein gewisses Etwas. Bei dem einen oder anderen Song würde ich mir jedoch einen etwas weniger glatten Gitarrensound mit mehr Charakter wünschen. Insgesamt ist der Klang der CD jedoch kompakt und ausgewogen. Übrigens: Die Band selbst beschreibt ihre Musik auf ihrer Homepage als melodiösen Rock Metal!
Die ersten drei Songs des Albums können gleich auf ganzer Linie überzeugen. Sie strahlen eine Leichtigkeit und Frische aus, die zu begeistern weiß. Flotte Rhythmik, gezielt mit Double-Bass-Abschnitten in Szene gesetzt, treibend-spritzige Rhythmus-Gitarren und ein mit prägnanten Chorpassagen unterstützter Leadgesang sorgen für Abwechslung und lassen keine Langeweile aufkommen. Ein Genuss sind die kurzen Instrumentalteile in Verbindung mit den durchdachten Gitarrensoli, die in ihrer Länge perfekt ins Konzept passen und nicht nur verschönerndes Beiwerk sind, sondern einen wichtigen Teil der Songs ausmachen. Sie setzen Akzente oder schaffen gar Höhepunkte! Dass man sich dabei teilweise progressiver Elemente bedient, dürfte nicht nur mir besonders gefallen.
Im Wesentlichen geht es mit den folgenden Songs auf diesem Niveau weiter, wobei sich bei „Bleeding Hearts”, das im Vergleich zu den Vorgängern etwas geradliniger und langsamer ist, dem Midtempo-Track „Captured” und dem hymnenhaften „Vagrant“ zeigt, dass man mit den härteren und schnelleren Songs eher überzeugen kann. In ”Beyond Horizons” lässt es Dave Brixius im Gitarrensolo dann mal wieder so richtig krachen und man wird sich bewusst, was ein fesselndes Solo in einem insgesamt etwas schwächeren Song noch so alles bewirken kann. Der Kerl macht einfach Spaß.
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass mit Maggie Sesto, Piet Sielk (IRON SAVIOR), Andreas Babuschkin (PARAGORN) und Bernd Aufermann (ANGEL DUST) auch noch vier Gastmusiker auf dem Album vertreten sind. Was genau und in welchem Umfang sie zum Gesamtwerk beigetragen haben, lässt sich anhand des Booklets leider nicht feststellen.
FAZIT: Power Metal voller Spielfreude und Ideen - präsentiert in einem Gewand, das bezüglich Songwriting genau so Spaß macht wie in punkto Sound. Der vielseitige Gesang und das präzise Zusammenspiel der Musiker wissen zu gefallen. Mit den teilweise progressiven Instrumentalpassagen sowie den interessanten Gitarrensoli trifft EDGE OF THORNS den Zahn der Zeit. Schafft man es beim nächsten Album, einen mehr eigenständigen Sound zu finden und das Niveau der ersten Songs zu halten, dann steht einem Aufstieg in die Oberliga eigentlich nichts mehr im Weg. Das darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen!
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2008
Achim Sinzinger
Dirk Schmitt
Dave Brixius
Lothar Krämer
Johannes Schütz
Twilight Zone Records
46:48
2007