Die textliche Ebene von Deutsch singenden Bands kann man unter Muttersprachlern weniger übersehen als den englischen Standard. EISREGEN erzwingen diese Auseinandersetzung geradezu, auch wenn nüchtern gesehen viel des fremdsprachlichen Gekeifes anderer Gruppen vergleichbar grenzwertig, debil oder einfach unerheblich ist. Nun denn: gehen wir vorurteilsfrei heran und reden auch ein Bisschen über die Musik, nicht wahr?
Diese ist bei den Thüringern seit jeher hemdsärmelig; eine stete Konsolidierung der Fähigkeiten ist da nur natürlich, obwohl nach wie vor die Lyrics den Hinhörer ausmachen. Was die ausgestiegene Violinistin einbrachte, richten nun Keyboards, welche Empyriums Markus Stock als kompetenter Studiochef passend in den manchmal gar nicht so stumpfen Gothic-Death-Black-Mischmasch eingebettet hat. In diesem Stil kriechen die Krieger am Anfang zu Eisenkreuze: die Setzkastenriffs und das Geplänkel konnte Stock auch nicht verbessern, aber der Eingängigkeit – vor allem wegen Roths verständlichen Vocals – nimmt die langweilige Musik nichts. Piano und Blasts kennzeichnen „Im Dornenwall“, dessen Gesang recht variabel ausgefallen ist, auch wenn man hört, wie die verschiedenen Artikulationsarten im Studio zusammengesetzt wurden. „Ein Hauch von Räude“ überrascht anfänglich als melodischer Doom mit zwischen clean und sick schwankenden Vocals. Popel-Thrash-Parts vergällen die Stimmung, und der Chorus ist zwar hymnisch, der Text aber affig.
Der im Vorfeld bereits diskutierte Song über den Amoklauf zu Erfurt provoziert kalkuliert mit einem positiven Rock´n´Roll-Riff und wird zum abwechslungsreichsten Stück des Albums mit Orgel und besonders verständlichem Gesang – eindeutig heischen EISREGEN hier um Aufmerksamkeit. Chaotische Parts vertonen die Bluttat, und wäre die plumpe Vorgehensweise der Band nicht so offenbar, wüsste man nicht, ob man das moralisierende Ende und pathetische „Tränen am Grab“-Textpassagen Ernst nehmen sollte. Der Titeltrack ist dann eine Goth-Ballade, gefolgt vom eingängigen „Alphawolf“. „Frischtot“ nimmt lustigerweise gesanglich die Fury-In-The-Slaughterhouse-Assoziationen vorweg, die der folgende Titel heraufbeschwört. Das Stück klingt wahrlich nach Konsens-Deutschrock, wenn man nicht auf den Textinhalt hört. Generell sind die Lyrics einfach zu klassenlos, um halbwegs Aufgeklärte zu schockieren. EISREGEN sind eine dumpfe Spaßcombo, der man jeglichen Schrecken nehmen sollte, indem man ihr einfach keine unverdiente Aufmerksamkeit schenkt. Ihre Musik ist nichtig, ihre Inhalte fad.
FAZIT: Nach wie vor müssten EISREGEN musikalisch intensiver und textlich intelligenter agieren, um nicht nur für dummdeutsche Bajuwaren gefährlich zu sein. In ihrer Harmlosigkeit sind die Thüringer zahnlos wie drittklassiger Darkwave oder Funpunk. Mitgrölen beim zweiten Hör möglich, ein drittes Mal auflegen nicht nötig. Mit konsolidierter Performance sind sie nicht mal mehr für Trash-Sammler geeignet.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
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55:06
2007