Na, wenn das mal nicht eine weiblich angeführte Version der Spätachtziger-Marillion ist. ELLEVEN um ehemalige Leute von Chandelier machen hier geschmackssicheren, ruhigen Rock mit Synthesizers, elegischen Gitarren und sehr angenehmem Gesang, der perfekt mit den gefühlvollen Melodien einhergeht und nie ins Poppige abfällt.
Wer in den 80ern die Progrock-Schulbank drückte, hat gelernt, klare Strukturen einerseits mit instrumentaler Güte sowie den Arrangement-Konsens verweigerndem Songwriting andererseits zu verknüpfen - das beste beider Welten also; kommerziellen Erfolg versprachen eingängige Passagen, zwischen denen auch der Anspruchshörer seinen Gefallen an episch angelegten Instrumentalteilen finden konnte. Prog hieß hier also nicht Virtuositätsbeweis, sondern weites Ausholen um stets schlüssig zurückzukehren ... und auch bei ELLEVEN folgt jenem Ausholen nicht die Faust im Gesicht. Alles schön hier, aber durchaus mit Brechungen und abseits der Gleichfärberei. “All Alone” und “Coming Home” scheinen schon zu Beginn der Platte beinahe ineinanderzufließen, wobei die Stimmung dezent changiert: die Melancholie bewegt sich maximal hin zu vorsichtigem Aufbegehren (Graff macht auch mit lauter Stimme eine gute Figur) und her ins etwas Traurigere, wenn auch nicht Abgründige. Aus gitarristischer Sicht sind es wie zu erwarten weniger die Riffs, sondern viel mehr die umspannenden Melodiebögen, die auf dem Merkzettel landen; Rock im abrockenden Sinne ist das quasi nicht, aber das konnte man von Rothery und Co ja auch nicht unbedingt sagen.
Ich will ELLEVEN auch nicht weiter auf diesen Vergleich herunterbrechen, doch allgemein bietet sich unterkühlter Briten-Prog als Referenz eben an. Auch wer Arena, Jadis und die restliche Mischpoke mag, wird hier zufriedengestellt. Wichtig ist vor allem die Einfühlung in derartige Musik, die das Emotionale in den Vordergrund stellt. Trotz besagter Distanziertheit gelingt es auch ELLEVEN, des Hörers Herzen habhaft zu werden - mit der Stimme sowie den kreativen Songs der Musiker - auch wenn die Stücke nicht ganz so eingängig sind wie diejenigen, die die Initiatoren des Stils einst groß gemacht haben, aber dafür hat “Insight” eine längere Halbwertszeit; man muß eben zuhören.
FAZIT: Schön im besten Sinne ist “Insight” - ein Album, das Sanftprogger begeistern wird und alle anderen, die unaufdringliche Musik generell mögen, ebenso. Gitarrenmusik mit Frauengesang muss nicht immer mit dem Holzhammer oder der Sexkeule daherkommen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Roger Weiz
Julia Graff
Carsten Hütter, Julia Graff
Armin Riemer
Tom Jarzina
2und40/JustForK
63:57
2007