Hat man als RIOT-Fan meist eine lange Durststrecke bis zum nächsten Ohrenschmaus zu durchleiden, bekommt man diesmal kurz nach dem delikaten "Army Of One" noch ein unerwartetes Dessert nachgereicht. Wässrig gemacht wird einem der Mund bei der äußerlichen Erstbetrachtung von "Accelerator" nicht nur dadurch, dass sich hinter dem (recht unspektakulären und einfallslos anmutenden) Namen FAITH AND FIRE die Zweitband von RIOT-Gitarrist Mike Flyntz verbirgt, sondern hauptsächlich weil es hier auch ein Wiederhören mit dessem ehemaligen Kollegen Tony Moore gibt. Trotz der unbestrittenen Qualitäten seines Nachfolgers Mike DiMeo war der Sänger schließlich maßgeblich an den Meilensteinen "Thundersteel" und "The Privilege Of Power" beteiligt. Ob man hier vielleicht schon die Nachtigall trapsen hören kann, was die gesangliche Zukunft von RIOT angeht? Schließlich ist Mike DiMeo jetzt wohl erstmal vorrangig mit MASTERPLAN beschäftigt. Andererseits besteht die hier vertonte Zusammenarbeit schon seit einigen Jahren und auch das Album ist schon seit ein paar Monaten im Kasten. Spekulieren (vielleicht auch Wunschdenken) sei dennoch erlaubt.
Unterstützung erfahren die beiden US-Recken vom ehemaligen BLUE ÖYSTER CULT und jetzigen QUEEN-Tourbassisten Danny Miranda (aus dessen Feder auch viel vom gehörten Material stammt) und von John Miceli, neben seinen Gastspielen bei BLUE ÖYSTER CULT und RAINBOW vor allem bekannt als Drummer von MEAT LOAF. Dass die Band bei diesem Line-Up technisch wie songschreiberisch auf einem sicheren Fundament steht, dürfte klar sein.
Gleich der Opener ist schon mal ein saftiger und abwechslungsreicher Melodikbatzen, bei dem man sich neben der Freude an der lang vermissten Stimme Moores, der sich hier trotz des sehr entspannten Grundfeelings auch ein paar der von früher gewohnten Screams entlocken lässt, sogleich durch die ausgefeilten Gitarrenlicks wie im RIOT-Schoße geborgen fühlt. So leicht soll es einem der Vierer im weiteren Verlauf allerdings nicht immer machen.
Obwohl alleine der unverkennbare Gitarrensound (der hier prägend zur Geltung kommt und auch ausführlich Exklusivzeit beansprucht) auch im Anschluss dafür sorgt, dass der Bezugsfaden zum großen Bruder nie abreißt, ist es der Band gelungen, sich ein eigenes Profil zu erschaffen. So bleiben die zuletzt bei RIOT wiedererstarkten Metalroots fast völlig außen vor (die Ausnahme nennt sich "America") und auch der Gesang lässt sich bis auf wenige Ausflüge eher im Mainstream nieder. Stattdessen schwenkt man vom vorherrschenden Hardrock auch mal in nachdenkliche Rockbereiche und gibt sich dabei gar überraschend experimentell. Obwohl stets gelungen, sind die Melodien nämlich oft nicht sofort greifbar, und brauchen bisweilen ihre Zeit. Den vermeintlichen Widerspruch zwischen zügellosen Instrumentalisten und fast poppig sanften Refrains wie bei "Radio Superstar" oder "Fallen" gilt es erstmal nachzuvollziehen.
Wem dies gelungen ist, der erkennt schnell, dass wir es hier mit einer Rockperle der unkonventionellen Art zu tun haben, bei der sich selbst die Balladen dem Vorwurf der plumpen Anbiederung entziehen. Melodischer Stoff ohne Dutzendgesicht.
FAZIT: Das Debüt des RIOT-Ablegers wird deren Fans gleichermaßen verzücken, wie verwundern. Das Gefühl, es hier mit Ausschussware zu tun zu haben, wird durch die ungewohnte Gangart im Keim erstickt; stattdessen liefern FAITH AND FIRE (ebenso wie WESTWORLD von Bandchef Mark Reale) eine willkommene Ergänzung zum Katalog des Brooklyn-Fünfers.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.01.2008
Danny Miranda
Tony Moore
Mike Flyntz
John Miceli
Metal Heaven
61:08
2007