Ungeachtet der zum Teil harschen Kritik, die seine ehemaligen Kollegen für die Fortsetzung der Keeper-Story erfahren haben, nimmt jetzt also auch Kai Hansen Bezug auf die eigene musikalische Vergangenheit und versucht ebenfalls, an die beste und erfolgreichste Phase seines zweiten Karriereabschnitts anzuknüpfen. Keine Ahnung, ob GAMMA RAY nach einer zuletzt erkennbaren Stagnation aus wirtschaftlicher Sicht eines Anschubs bedürfen, aber angekündigt war dieses Album ja schon länger, es verzögerte sich jedoch immer wieder durch Auflösungserscheinungen des alten Labels und da es nun endlich da ist, sollte der Name sowieso erstmal zweitrangig sein; so lange denn der Inhalt stimmt.
Nachdem auf dem verhältnismäßig aggressiven und düsteren "Majestic" unterm Strich die richtig guten Songideen fehlten, geht es auf der Fortsetzung des zwölf Jahre alten Bandklassikers wieder auffallend positiver, mitunter gar fröhlich zu und von der Grundstimmung her ist der Albumtitel tatsächlich gar nicht so unpassend. Dass sich dabei auch nach diversen Durchläufen kein herausragender Song der Marke "Rebellion In Dreamland" findet, wenn die monumentale und abwechslungsreiche Abschlussnummer "Insurrection" in ihren fast zwölf Minuten auch deutliche Ambitionen darauf hegt, damit war aber wohl schon zu rechnen. Dennoch hat die Hansen-Crew neben einigen wenigen mittelprächtigen Nummern wie dem zu einsilbigen Opener "Into The Storm" oder "To Mother Earth" mit seinem klebrig-blumigen Refrain, der nicht so richtig zum rasenden Tempo passen will, auf ihrem neunten Studiowerk wieder einiges mehr an Melodic Speed der Oberklasse zusammengetragen. Ein Highlight wie "Real World" etwa lässt an beste Keeperzeiten denken (manchem wird der Song zu schunkelig sein) und auch "Empress", bei dem sich der gute Kai allerdings oberfeist in der Rhythmus- und Gitarrenabteilung von ACCEPT bedient, macht sich bestens neben den größten GAMMA RAY-Ohrwürmern. Klar bleibt auch diesmal, dass Kai Hansen sicherlich kein herausragender Sänger mehr wird, ein Schicksal, das er z.B. mit einer anderen Größe wie Dave Mustaine teilt, an den ich bei (dem sehr gelungenen) "Leaving Hell" unvermittelt denken musste, aber seine Stimme gehört längst mindestens ebenso zum Markenzeichen der Band wie sein Gitarrenspiel auf seiner farblich schrillen Flying V. Leichte Abzüge gibt es diesmal jedoch auch in der Paradedisziplin, da gerade hinsichtlich der Gitarren die Produktion etwas zu harmlos, bisweilen ziemlich schwammig ausgefallen ist.
Neben der logischen musikalischen Verwandtschaft zu HELLOWEEN bedient sich der Bandleader beim Austüfteln seiner Songs bekanntermaßen ebenfalls gerne und unverhohlen im Fundus seiner Vorbilder, und diesmal scheinbar noch stärker als sonst. Gerade die diversen IRON MAIDEN-Zitate sind in Nummern wie "From The Ashes", "When The World" oder auch "Opportunity" dermaßen deutlich ausgefallen, dass eine Bezugnahme des Hörers eigentlich schon fest einkalkuliert sein muss. So was kann man sich wohl nur erlauben, wenn die eigenen Vorzüge stets die Oberhand behalten und das Gesamtergebnis zu überzeugen und begeistern weiß - und das ist auf diesem abwechslungsreichen Album zweifellos der Fall.
FAZIT: Nein, auch die Parallelklasse der Hamburger Metal-Schule erreicht erwartungsgemäß nicht mehr die Prämiumklasse der eigenen Referenzarbeit, dafür ist "Land II" doch etwas zu durchwachsen ausgefallen. Dennoch befinden sich auch GAMMA RAY erkennbar im Aufwind und bereiten wieder deutlich mehr Spaß als zuletzt. Sehr gute Vorzeichen also für die anstehende gemeinsame Tournee.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
Dirk Schlächter
Kai Hansen
Kai Hansen, Henjo Richter
Daniel Zimmermann
Steamhammer/SPV
65:16
2007