Hochachtung! Absolute Hochachtung! Liebe Eltern der Bandmitglieder von GARDEN IN SPRING – seid stolz auf diese Kinder oder besser jugendlichen Musiker, die den Mut aufbringen, in Zeiten der Pop- und Superstars-Suche sich in einer „frühlingshaften Garten-Band“ zusammenzuschließen und Musik der anderen Art zu machen. Keinen Pop, keinen grunzenden Metal, keinen HipHop oder Punk … sondern progressive Rockmusik mit alternativem Einschlag! Wer die Debut-CD „Bluebook´s Screaming Tune March“ der jungen Bocholter Musiker, die zwischen 15 und 18 Jahren alt sind, hört, wird sicherlich vieles vermuten, aber garantiert nicht, dass fünf „Grünschnäbel“ für diese reife, in Eigenregie produzierte Scheibe verantwortlich sind!
„So, Hallo!“ Genau mit diesen Worten beginnt das Album. Musikalisch folgt dieser Begrüßung ein an KING CRIMSON erinnernder Gitarren-Akkord, der sofort in eine treibende, melodiöse Indi-Rocknummer übergeht, bei der sogar der männliche Gesang in akzentfreiem Englisch zu überzeugen vermag. Das ist zwar nicht sonderlich progressiv, aber auf jeden Fall gut. Und außerdem bestätigen die Musiker zugleich ihre Info, die man unter My Space lesen kann, dass sie von Bands wie PSYCHOTIC WALTZ oder KING CRIMSON geprägt wurden.
Allerdings gehen die Einflüsse von GARDE IN SPRING dann doch stärker auf die eingängigeren PSYCHOTIC WALTZ zurück. Den Mut zu der komplexen, ausufernden, experimentellen und grenzüberschreitenden Musik von KING CRIMSON bringen die Bocholter nicht auf, auch wenn man immer mal wieder Parallelen zu den frippschen Prog-Göttern erkennt, ob es nun dieses Gitarrespiel in „Undertow Experience“ ist oder das durchgängige „Starless“-Gefühl in „All Your Beauty“.
Ein ganz besondere Überraschung hält auch „Tired“ für den von Titel zu Titel (manchmal auch negativ) überraschten Hörer bereit, denn da erklingen plötzlich French Horn, Trombone und Tuba, um die wohl bekannten Klänge aus PINK FLOYDs „Atom Heart Mother“ zu intonieren. Und das alles mitten in einem Titel, der als normale Alternative-Rock-Nummer beginnt. Dabei hatte man doch gerade erst die Verwunderung über das unerwartete Trompete-Spiel und den beeindruckenden weiblichen Gesang in einem der schönsten Titel des Albums „Farewell To Human Cries“ überwunden und sich gefragt, ob zumindest Michael Schlabes, der Trompeter, neben progressiver Musik auch ELEMENT OF CRIME oder CALEXICO mag.
Da die beiden letztgenannten Bands auch ein wenig für ihren textlichen Pathos bekannt sind, darf man dieses Kompliment (andere würden es vielleicht auch als Kritikpunkt ansehen) gleich an GARDEN IN SPRING weiter geben, denn textlich gibt es hier ´ne gehörige Portion Weltverbesserungslyrik um die Ohren, die sich allerdings nicht in peinlichen Plattitüden erschöpft. Und bitte, lasst uns nicht vergessen, dass hier Musiker am Werke sind, die noch nicht einmal unserer „faszinierenden Politiker-Elite“ ihre Stimme geben dürfen. Die Stimme, die sie zumindest hier erheben, würde ich einigen dieser kreuzgefährlichen NPD-Dumpfbacken mit Stimmrecht von ganzem Herzen wünschen. Ja, leider ist das Wahlrecht vom Alter, aber nicht der geistigen Reife abhängig. Womit wir wieder bei der Musik wären, denn sie besitzt eine musikalische und geistige Reife, die ich von einer „Schüler-Band“ niemals erwartet hätte. Zwar hat es auf ihrer ersten CD noch nicht zu einem spannenden Long-Track gereicht, aber ich bin mir sicher, dass der Nachfolger dieses jugendlichen Meisterwerks etwas in dieser Art erwarten lässt. Ich freue mich schon heute darauf.
FAZIT: Schon das expressionistisch anmutende Cover verweist auf ein musikalisch vielfältiges Album, in dem helle Klang-Farben von dunklen abgelöst werden, in denen Gegensätze sich regelrecht anziehen, aber leider auch der eine oder andere Titel einfach zu eingängig und belanglos gerät. Wenn ich vom Alter dieser Band ausgehe, hätten sie für dieses Album 15 Punkte verdient, aus Idioglossia-Gesamtsicht, die altersunabhängig ist, bleiben:
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2008
Udo Rademacher
Magda Kruppin, Kay Lehmkuhl
Kay Lehmkuhl
Michael Schlabes
Sascha Pöpping
Michael Schlabes (Trumpet), Juliane Höttges (French Horn), Ralf Termaat (Trombone), Jan Termath (Tuba), Dirk Reichenberg (Additional Bass on “Bluebook”)
Eigenproduktion
44:18
2007