TEN-Mastermind Gary Hughes veröffentlicht ein neues Solo-Album. Alle Zutaten, die man von anderen Arbeiten Garys kennt, sind vorhanden: Er hat wieder selbst produziert und es wieder nicht geschafft, einen amtlichen Sound zu zaubern. Nicht wirklich schlecht, aber relativ matschig tönt das Ganze. Auch klingt seine Stimme, als würde er im Wohnzimmer vor sich hinträllern und wollte die Nachbarn nicht stören. Oft relativ tief gehalten und meist recht zurückhaltend gesungen, eben so, wie man es mittlerweile von ihm gewohnt ist. Aber auch die positiven Eigenschaften einer Gary-Hughes-Arbeit bekommt man wieder geboten, der Mann ist einfach ein Hookline-Meister. Schon beim zweiten Durchgang meint man, alle Songs zu kennen, die eingängigen Refrains setzen sich fest. "Veritas" bietet durchgehend schöne Melodien, immer an der Grenze zum Pop, die auch desöfteren mal überschritten wird, ohne dass es jedoch zu kitschig wird. Dafür sorgt schon diese gewisse Melancholie, die immer in seinen Songs und seiner Stimme mitschwingt.
Mit dem mitreißenden, flott rockenden Titelsong legt man gleich einen Einstand nach Maß hin, inklusive toller Solo-Einlagen und krachender Riffs. Wobei die Gitarren überraschend heftig und stark verzerrt produziert sind, obwohl die Komposition eher Melodic-Rock-Format hat und dementsprechend auch die Gitarren im Mix deutlich hinten anstehen.
Mit den folgenden Songs offenbart sich dann auch, dass "Veritas" insgesamt eher in eine softere Richtung tendiert. "See Love Through My Eyes" rockt noch ganz ordentlich, wogegen man sich bei "In My Head" schon eher im Pop-Rock-Bereich wiederfindet, der eigentlich auch kaum mehr verlassen wird. Zwar finden sich hier und da immer mal wieder rockige Riffs, die eigentlichen Songs und Melodien, sowie der massive Keyboard- und Piano-Einsatz sprechen aber eine andere Sprache. Mit "Wide Awake In Dreamland" bietet man dann auch eine richtig große Pop-Hymne mit starkem Achtziger-Appeal, sehr schönen Akkordfolgen und Hooklines.
"I Pray For You" und "Synchronicity" überschreiten dann die oben genannte Grenze ganz ungeniert und lassen sogar größtenteils die Gitarren gleich ganz weg, so dass ein gewisses Synthie-Pop-Feeling aufkommt. Wobei man aber sagen muss, dass das auch einfach gut zu Garys Stimme passt. Allerdings nerven die penetranten Keyboardsounds schon ein wenig.
Mit "Strange" versucht sich Gary auch mal an etwas moderner klingendem Material, was aber eher misslingt, wie überhaupt in der zweiten Hälfte des Albums nicht mehr viel Interessantes passiert. "I know It´s Time" beispielsweise offenbart wieder die Zwiespältigkeit des Materials: Eigentlich ein klassischer Popsong mit schöner Melodie, wird verkrampft versucht, per stark verzerrter Gitarre und heftigem Schlagzeugeinsatz inklusive Doublebass einen Hard-Rock-Track daraus zu machen.
Mit "The Emerald Sea" gibt es gegen Ende noch einmal einen etwas stärker rockenden Song, wobei auch hier die Produktion etwas merkwürdig erscheint, bevor "The Everlasting Night" das Album passenderweise im Stile einer großen Pop-Ballade beschließt.
"Veritas" ist leider insgesamt nicht ganz stimmig, die Gitarren sind doch teilweise recht heftig produziert und verzerrt, was eigentlich nicht so wirklich zu den poppigen Songs und dem zaghaften Gesang Garys passen will. Hier wäre mehr Konsequenz angebracht gewesen: Entweder sollte er es richtig krachen lassen und ein Hard-Rock-Album produzieren, dann müssen aber auch die Songs entsprechend komponiert sein, und auch er selber müsste mal gesangstechnisch über sein zurückhaltendes, einschmeichelndes und dunkles Timbre hinauswachsen. Oder er soll eben ein konsequent poppiges Achtziger-AOR-Album produzieren. Nicht falsch verstehen, ich hätte gar nichts gegen letztere Option, die meisten Songs auf "Veritas" gehen ja in diese Richtung, und das steht auch seiner Stimme viel besser zu Gesicht. Er muss es nur dann auch mal durchziehen. So wirkt es jedoch, als möchte er eigentlich in erster Linie ein Singer-Songwriter-Album voller großer Pop-Hymnen produzieren, will aber die Hard-Rock- oder Metal-Fans nicht vergraulen und baut deshalb hier und da krachende und übertrieben verzerrte Gitarren ein, die sich eigentlich nicht mit seinen Songs oder seinem Gesang vertragen. Ich kann mir z.B. nicht vorstellen, dass er manche der Melodielinien auf dem Album in dieser Tonlage in einer Live-Situation mit Rockband singen könnte, ohne neben Gitarren und Drums völlig unterzugehen.
FAZIT: Mir persönlich gefällt die melancholische Pop-Stimme von Gary Hughes, ebenso seine eingängigen Melodic-Rock-Songs voller packender Hooklines. Wenn er diese für andere Künstler schreibt, wie etwa BOB CATLEY, oder bei seinem "Once And Future King"-Projekt andere Sänger an seine Songs heranlässt, kann das auch mal richtig fetzig krachen und mitreißend werden. Nur die Kombination solcher Songs aus seiner Feder und seiner eigenen Stimme will mich nicht so recht überzeugen. Vielleicht sollte er die Rockalben nur noch für andere schreiben, und sich selber ausschließlich den intimeren, ruhigeren Nummern und großen Pop-Hymnen wie etwa "Wide Awake In Dreamland" oder "The Everlasting Light" widmen.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Gary Hughes, Rick Stewart, Simon Brayshaw
Gary Hughes
Gary Hughes, Johnny Gibbons, Chris Francis, John Halliwell
Gary Hughes
Jason Robinson, Dave Ingledew
Frontiers Records
62:42
2007