Johan Liivas viertes Lebenszeichen nach Arch Enemy unter Ausschluss von Nonexist ist erneut nicht eindeutig in die konventionelle Death-Schublade zu packen. Nach wie vor erfreut das Wiederhören einer der wenigen unverkennbaren Extremstimmen, die gut daran tut, nicht ihre erfolgreiche jüngere Vergangenheit aufzugreifen, sondern an die Jugendsünden mit Furbowl anzuknüpfen.
HEARSE haben dank Dan Swanö einen der gleichzeitig ehrlich-rohsten wie druckvollsten Albumsounds des Jahres. Dies passt zur geradlinigen, energiereichen Ausrichtung der Musik, die dem Hörer ohne Umwege ins Gesicht springt. Auf Feinheiten und die Geschlossenheit nicht zerreißende Kuriositäten muss gleichwohl niemand verzichten. Das erste Stück bedient sich der verlorenengegangenen Praktik eines nicht separat vorangestellten Intros – kein atmosphärisches Geplänker, sondern die instrumentale Ankündigung des Unheils, welches sich nach alter Manier anbahnt, aber immer leicht melodiös bleibt. Im catchy Refrain sind hintergründig Chorstimmen zu hören, das Solo spricht im brutalen Umfeld eine ungewohnt gefühlvolle Sprache. „Corroding Amour“ ist einerseits primitiv-crustig, andererseits verschroben-psychedelisch mit Stimmeffekten sowie einem Finish in traditioneller Rock-Equipmentzertrümmerungs-Manier. „Intoxication“ tönt als Gemeinerzeugnis mit Mob-47-Sänger Jugga ähnlich obskur wie „Crusade“, ein Cover der schwedischen Punkband Sator im maschinellen Midtempo.
„Among The Forlorn“ lässt rare Cleangitarren vernehmen; zudem deutet die den Gesang stützende Gitarrenmelodie gedachte Vocallines an, denen Liivas geschundenes Organ sich entzieht. Im Vergleich zu seinen Arch-Enemy-Tagen brüllt Johan auf diesem Album übrigens wesentlich unartikulierter und behält trotzdem sein Gesicht. Im flotten Schrammelrocker „Atrocious Recoil“ mischt er zusätzlich dunklen Sprechgesang dazu, während er im Bandnamen-Song den Mund hält: „Hearse“ verströmt in seiner Langsamkeit „Seasons In The Abyss“-Stimmung. Der Titeltrack als Schluss reaktiviert die Speed-Ressourcen zum schnellen Druck auf die Repeat-Taste des CD-Spielers.
FAZIT: Ein geschlossenes, kraftvolles Album mit viel Abwechslung und kleinen Eigenheiten, die auch Freunde von Weirdos wie Xysma oder Nirvana 2000 ansprechen dürften. Punk, Rotzrock und Death Metal teilen sich viel Gutes, wie „In These Veins“ zeigt – Es ist gleichwohl ein Vertreter letzterer Stilistik, aber nicht der hundertste Death-Thrash-Aufguss.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
Johan Liiva
Johan Liiva, Mattias Ljungx
Max Thornell
Dental Records/H´Art
38:31
2007