Den vom Label erwähnten Metalcore höre ich glücklicherweise nirgends auf dem zweiten Album des Projektes von Thirdmoon-Kopf Wolfgang Rothbauer. Wie mit seiner Hauptband gelingt es dem Sänger hier vielmehr, völlig klischeefreien und dennoch herkömmlichen melodischen Death Metal zu spielen, der nicht andauernd nach schwedischer Küche riecht.
Die Riffs von IN SLUMBER sind durchweg originell, die Songstrukturen klar, aber nicht vorhersehbar. Zahlreiche Leads und Soli zeigen die musikalische Beschlagenheit ebenso wie die Legion aus Tempo-und Rhythmuswechseln, welche nicht zerfahren wirken. Hier spielen also talentierte Musiker, die zudem in der Lage sind, mitreißende Stimmungen zu erzeugen. Das Textkonzept über Autoaggression tritt nicht offenbar hervor, verhindert damit aber auch allzu viel Lamentieren. Eine traurige Note haben einige Refrains dennoch, was aber angenehm zum Hymnenfaktor der Stücke beiträgt und die Band außerdem von reinen Aggressor-Combos abhebt – Verletzlichkeit ist hier nicht aufgesetzt, genauso wie IN SLUMBER an ihren Instrumenten ohne Anbiederungen ihr Ding durchziehen.
Tonartwechsel innerhalb eines Stückes sind auch im komplexen Death Metal kaum die Tagesordnung. Hinhörer-Breaks dagegen schon, doch denen verweigern sich die Österreicher wiederum durch ihre stets schlüssig gesetzten Brüche. Ihre Einschübe von Thrash und Traditionsmetal geschehen nicht unter Zugzwang, sondern aus verinnerlichtem Genreverständnis. Ausgedehnte Instrumentalpassagen scheinen völlig natürlich und nicht präsent, nur weil dies so sein muss. „Scars Incomplete“ ist eines der ehrlichsten Death Metal Alben, die ich zuletzt hören durfte – und dies, ohne ständig darauf hinzuweisen, dass man eben jener Schublade entsprungen ist.
FAZIT: Ausfallsfreie, unkomplizierte, aber dennoch nicht hittige Melo-Death-Platte mit nachhaltiger Wirkung, Musikalität und Unverbrauchtheit. Fans der deutschen Golem oder von Hypocrisy zu besten Zeiten sollten unbedingt reinhören.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.01.2008
Manuel Bauer
Wolfgang Rothbauer
Robert Bogner, Simon Öller
Markus Pointner
Massacre/Soulfood
44:24
2007