Hier rockt Italien zwischen Tool und Metalcore mit Kreuzübertendenzen. Statt den Death- und Hardcore-Elementen eklige Emo-Vocals gegenüberzustellen, schlängeln MAINLINE sich mit stark an Maynard Keenan orientierten Vocals aus der Klischeefalle. Rein vom Instrumentalen her klingt auch vieles nach Kaliforniens Vorreiterband, allem voran die Wahl der verwandten Tonskalen sowie schwebende und meditative Momente. Dass Maurizio Lazzaroni die stimmliche Ähnlichkeit hinter Halleffekten versteckt und ansonsten eine typische Hass-Brüll-Zunge hat, sei ihm bei der Abwechslung des Songmaterials nachgesehen.
Es sind nicht ganz so viele Stücke auf dem Album, wie es scheint, da einige Tracks sekundenlange Intros sind. Die Songs an sich haben aber durchweg ihre Berechtigung als solche, was in diesem schwierig gewordenen Metier etwas heißen will. MAINLINE fügen ihm durch Verbindung des Bekannten, aber scheinbar Unvereinbaren, etwas Ansprechendes hinzu. Wo Tool progressive Explosionen hinter die Ruhe stellen, kommen hier fiese Breakdowns und Stakkati zum Einsatz. Ungewöhnlich ist auch der schrille Slapbass als 90s-Crossover- oder New-Metal-Relikt. Nicht einmal in „Keeping My Disease“ nervt das Oktavwippen. Der Song ist ein Paradebeispiel für die Vorgehensweise der Band: treibend zunächst, dann schwerfällig; urplötzlich wirbelnd-funky, schließlich mit mörderischen Doublebassparts zur angetäuschten Ruhe vor heavy Abschluss – intensive Sache. Gleichwohl das spielerische Niveau hoch ist, liegt es nicht in Prog-Regionen; dieses Musikverständnis haben MAINLINE nicht. Stattdessen zeigen sie ein Händchen für Hits ohne Anbiederung wie „Set Free“ oder den kurzen Breitwandrocker am Ende, den weibliche Leadvocals zieren.
Weitere Schönheiten: die Elegie „Hidden Truth“ als Zwischenspiel mit geschichteten Stimmen und der experimentellste Beitrag „9 Gone“ (Prügeln, dann Walking Bass und Jazzdrums).
Mainline schaffen es tatsächlich, vertraute Komponenten nicht abgeschmackt klingen zu lassen, was an der überzeugend vermittelten Stimmung liegt: keineswegs weinerlich, sondern wahrlich frustriert und in den stillen Momenten scheinbar bei klarem Verstand, Herren der Lage und doch innerlich gespalten. Damit stellen sie den Hörer eben nicht auf die Zerreißprobe – ein durchdringendes wie leicht zugängliches Hörerlebnis. Fraglich bleibt, wohin die Reise stilistisch von hier aus gehen soll, denn beim nächsten Mal darf es mehr Eigenständigkeit sein.
FAZIT: MAINLINE vereinen Hardcore, Death Metal und Alternative originell, ohne eine Novität zu sein. Für Fans von Tool und Post-At-The-Gates-Sounds gleichermaßen.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
Simone Berti
Maurizio Lazzaroni
Diego Riccobene, Stefano Valsecchi
Alessandro Benedetto
Dioxzion/Twilight
50:59
2007