Da habe ich den Werdegang der Skandinavier durchaus verfolgt (als bisheriger Höhepunkt sei hier "8 Deadly Sins" von 2004 genannt) und ausgerechnet den Vorgänger der jetzt vorliegenden CD habe ich bisher verpasst. Eigentlich nicht weiter wild, nur hier etwas unglücklich, da es sich bei "The Black Circus" um ein zweiteiliges Storykonzept handelt, das mit "Disclosure" seinen Abschluss findet. Da der Promoversion die Texte aber nicht beiliegen, ist ein detailliertes Verfolgen der vorgetragenen Geschichte sowieso recht schwierig und so soll als kurzer Abriss reichen, dass hier die Geschichte eines düsteren Wanderzirkus weitererzählt wird, der im 19. Jahrhundert durch die Lande Neuenglands zieht und dort sein mysteriöses Unwesen treibt. Und dass dabei nicht gerade Clownstränen im Mittelpunkt stehen, sagt wohl alleine schon das Coverartwork.
Es mutet schon ein wenig merkwürdig an, wenn eine Band mitten in einer so ambitionierten Arbeit (übrigens inzwischen das dritte Konzeptwerk der Dänen) die Plattenfirma wechselt. Der Beginn der Story namens "Letter" erschien nämlich noch bei Massacre, während der Fünfer mittlerweile unter der Obhut von Locomotive Records steht. Die genauen Gründe lassen sich da nur vermuten, allerdings ist so ein Vorgang im Hause MANTICORA nicht gerade neu, ist dies doch bereits das vierte Label der Band in zehn Jahren.
Was die musikalischen Belange angeht, zeigt sich die Truppe um die Gebrüder Larsen da wesentlich beständiger. Wie gehabt bietet das erneut mit druckvoller Tommy-Hansen-Produktion daherkommende "Disclosure" kraftstrotzenden Power Metal der episch progressiven Art, der nicht nur rasant, sondern oft auch thrashig vorgetragen wird. Gleich beim ersten richtigen Song "Beauty Will Fade" geben die Jungs Vollgas und zeigen in Überlänge was sie drauf haben. Auch in der Folge unterschreitet nur einer der eigentlichen Songs die 6-Minuten-Marke und bieten dadurch reichlich Platz für filigrane Zwischenspiele und der Abwechslung dienende Farbtupfer, wie der Flamenco-Gitarre in "Haita Di Lupi" und "Gypsie Dance Part 2", dem atmosphärisch dichtesten Song des Albums, und vereinzelten virtuosen Keyboardpassagen (deren Ursprung beim Blick auf das Line-up im Dunkeln bleibt).
Ebenfalls nicht neu sind die unverkennbaren Ähnlichkeiten zu BLIND GUARDIAN, man höre nur mal einen Song wie "When The Soulreaper Cry", an dem man als Fan der Krefelder (zu alten Zeiten) fast nicht vorbeikommt. Verantwortlich hierfür ist neben den stetigen Chören im Background einmal mehr Sänger Lars F. Larsen, dessen Organ durch seinen theatralisch hallenden Gesangsstil weiterhin ständig an Hansi Kürsch erinnert. Wie sich bei diesem seit jeher die Geister scheiden, könnte dann auch der MANTICORA-Frontmann manchem Hörer auf Dauer zu anstrengend sein (bei mir hat dies zumindest ein reinhorchender, eher melodischem Gesang zugetaner Zaungast beklagt). Allerdings gibt "Disclosure" insgesamt nur wenig Verschnaufpausen her und ist zum nebensächlichen Hören denkbar ungeeignet; Entdeckermentalität ist hier gefragt.
FAZIT: Die dänischen MANTICORA bieten erneut Power Metal der komplexen Art, ein wenig überfrachtet vielleicht und auch durch die meist gelöste Handbremse nicht immer leicht nachvollziehbar, dafür aber mit Anspruch und ausreichend kompositorischer, wie inhaltlicher Tiefe, die es zu erforschen gilt.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Kasper Gram
Lars F. Larsen
Kristian Larsen, Martin Arendal
Mads Volf
Locomotive Records
42:13
2007