Wann war Death Metal zum letzten Mal so richtig böse, vor allem, wenn er aus Finnland kam? – die blutjungen NERLICH kommen diesem Defizit ungestüm und ungeschliffen nach.
Wenngleich ihre Stücke nicht derart ausufern wie die von Incantation, so eint beide Gruppen die unheimliche Atmosphäre in ihrer Musik, welche vornehmlich aus den schleifenden Doompassagen und sinistren Leads resultiert, welche gleichwohl spärlich auftreten. NERLICH sind in erster Linie brutal, jedoch bar jeglicher Formelhaftigkeit, wie sie der US-Death heutzutage praktiziert. Die Stücke sind unvorhersehbar und wirken komplex, allerdings nicht im Sinne einer „seht her!“-Vertracktheit. Die Vergangenheit des eigenen Landes kommt kaum zum tragen – wenn überhaupt, dann musiziert das Quartett im Geiste von Schergen wie Demigod mit der bereits angedeuteten Ami-Schlagseite. Die selbstproduzierte Scheibe besticht durch ihren ungehobelten, basslastigen Sound, in dem die hibbelige Gitarrenarbeit teils verwaschen und dann wieder klar konturiert klingt. Auch Bassistin Hanna ist in der Jo-Bench-Position bisweilen songbereichernder Bestandteil. Die Drums deklinieren nach Genreregeln Blast und Doublebass ohne Statik – verinnerlichte Stilvorliebe statt stumpf fürs Product Placement auswendig gelernt.
Bolt Thrower sind übrigens ein gutes Stichwort hinsichtlich „Mask Of The Faceless“, dessen bedrohliches Walzen einem Wüstensturm gleichkommt. Gemeinsam mit dem vorletzten ist dieses Stück sicherlich eines der Highlights des Debütalbums. Mögen die Kompositionen nicht sonderlich catchy sein, so sind die Fähigkeiten der Milchgesichter bereits beachtlich. Außerdem zeugen einige schreiberische Kniffe und kleine Aufmerksamkeitsgesuche von mehr als gewöhnlichem Metal-Verstand, worauf es aufzubauen gilt. Die Tempowechsel gestalten sich niemals wirr oder konstruiert, sondern fließend. Die Soli sind oft chaotisch, aber nicht aus Unzulänglichkeit – es passt einfach. Schön auch, wie die Musiker am Ende von „Entity Of Sickness“ langsamer werden, um doch noch rechtzeitig zum flotten Solo wieder anzuziehen. „Insane Creations“ ist wohl der kompakteste und homogenste Track; Anderes – wie der zu abrupte Fadeout des Openers - macht die juvenile Ungehobeltheit noch deutlich...unperfekt: ja – aber nicht unausgegoren.
FAZIT NERLICH sind als Death Metal with a difference ein heißer Tipp, obwohl sie keine stilfremden Elemente heranziehen. Sie sind den berechenbaren hypertechnischen Legionen des Todes bei weitem vorzuziehen, zwar noch klein, aber schon unglaublich intensiv.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Hanna Kauppinen
Miikka Merikallio
Davi Moreira, Miikka Merikallio
Teemu Mutka
Old School Metal Records
39:34
2007