Dass PHIDEAUX in den letzten Jahren jede Menge Alben rausgehauen haben, das ist ein alter Hut und sollte an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden (wer dazu mehr wissen möchte, der lese einfach das Interview, das unter dieser Rezension verlinkt ist). Dass Phideaux Xavier und Freunde bei steter musikalischer Wandlung immer wieder gute bis sehr gute Arbeit abliefern, das sollte hiermit jedoch noch einmal kurz erwähnt werden.
Idealerweise ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem eine Band ihr Magnum Opus herausbringt – und genau dieser Punkt scheint für PHIDEAUX mit „Doomsday Afternoon“ erreicht zu sein. Nachdem „The Great Leap“ etwas enttäuschte, entspinnt sich auf dem neusten Werk der Amis ein überbordendes Konzeptwerk, das dunkle Untergangsatmosphäre kunstvoll verknüpft mit hoffnungsfrohen, beinahe beschwingten Prog Arrangements. Die Integration eines 15-köpfigen Orchesters ist vollkommen homogen erfolgt und pustet eine dicke Ladung Bombast in die zehn Songs von „Doomsday Afternoon“ – dennoch wirkt hier nichts aufgesetzt: Violinen, Celli, Trompeten, Oboen und tönende Waldhörner erschaffen einen schwelgenden Kosmos durchwirkt von feinen Zwischentönen, klassischen Prog Passagen, dezenten Space Sounds und mit faszinierend leichtfüßigen Melodien, deren Motive im Verlauf von über einer Stunde Spielzeit ständig wieder aufgegriffen und gewandelt werden.
Mit Valerie Gracious hat Phideaux unter anderem eine äußerst wohlklingende Singstimme in seinen Reihen, die im Verlaufe des zweiten Akts bei „Crumble“ zu Höchstform aufläuft und mit tänzelnden Schritten den Drahtseilakt zwischen Gefühl und Kitsch zu wandeln versteht. Etwas vollkommen Neues erschafft diese Band mit „Doomsday Afternoon“ nicht und manch einem mag dieses Zelebrieren harmonisch-symphonischen Pomps zu brav und bieder klingen, doch PHIDEAUX legen so viel Gefühl und Herzblut in diese zehn Tracks und brennen eine ganze Lastwagenladung Wunderkerzen in Sachen Melodieverständnis ab, dass dieses Werk Schauer von Glück und Ergriffenheit über den Rücken jagt. Dazu lausche man nur den brandenden Streicher Arrangements von „Micro Softdeathstar“, der morgenländisch gefärbten Instrumentalparade „The Doctrine Of Eternal Ice (Part One)“, den relaxten PORCUPINE TREE mäßigen Harmoniegesänge bei „Candybrain“, dem musicalhaften Drama des bereits erwähnten „Crumble“ oder der ekstatischen Prog Oper des fünfzehnminütigen „Microdeath Softstar“. Hier gibt es jede Menge zu entdecken – auch für Menschen, die sich ansonsten nicht zwangsweise im Prog verhaftet sehen.
FAZIT: Eklektisch und äußerst ambitioniert – dennoch leichtfüßig und vor Harmonie nur so strotzend. Es gibt nicht viele Konzeptalben, deren textliche und musikalische Inhalte in Einigkeit ihrer Bezeichnung rückhaltlos Rechnung tragen. Das ist symphonischer Orchester Prog erste Güte. Lieben oder hassen. Ich liebe es.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Mathew Kennedy
Ariel Farber, Valerie Gracious, Linda Ruttan Moldawsky, Molly Ruttan, Phideaux Xavier
Gabriel Moffat, Phideaux Xavier, Joel Weinstein
Valerie Gracious, Mark Sherkus, Phideaux Xavier, Martin Orford, Johnny Unicorn
Rich Hutchins
Patti Amelotte (dulcimer), Steve Dundon, Rob Martino (flute), Matthew Parmenter (violin)
Bloodfish
66:57
2007