“Ten, Nine, Eight, Seven, Six, Five, Four, Three, Two, One – Start!” Gehen wir mit unserem silbernen, einlöchrigen, runden, ziemlich kleinen (neusten Erkenntnissen zufolge sich langsam zersetzenden) CD-Raumschiff und der Hilfe unseres silbernen oder anthrazitfarbenen oder wie auch immer gestalteten (vor Zersetzungserscheinungen ungefährdeten, aber technischen Mängeln gegenüber sehr anfälligen) Players auf die Reise zum PLANETen X – der seit nunmehr 8 Jahren im instrumentalen Universum progressiv-fusionierter Rockmusik seine Bahnen dreht. Ein Planet, der seinen Ur-Knall erlebte, als für den Keyboarder SHERINIAN im DREAM THEATER der Vorhang fiel.
Doch bevor wir den Planeten erreichen, müssen wir feststellen, dass er durch einen „Todesfall“ zutiefst erschüttert ist – überraschend und völlig ungeklärt, aber definitiv abhanden gekommen, „verstarb“ ein Teil des „Quantum[s]“: der Gitarrist TONY MacALPINE! Und während man ihn noch nicht einmal so richtig beigesetzt hatte, eroberten bereits, natürlich nur als Gäste, vier Herren der klingenden Saiten (zweimal Bass und zweimal Gitarre) den musikalischen Himmelskörper, um seine (leider nicht sonderlich neuen) Klangwelten fortbestehen zu lassen. Und sei´s drum – auch ein ALLAN HOLDSWORTH, legendär durch SOFT MACHINE & UK, belebt nicht unbedingt einen Planeten, an dem der Zahn der Zeit und eine gewisse Form musikalischer Umweltzerstörung nagt.
Doch nicht nur das! Sogar eine Form geistiger Umnachtung scheint sich breit zu machen auf „Quantum“ – denn wer sich allein die Titel dieses Albums anschaut, kommt nicht um die Frage herum, was in einer sicherlich demokratisch agierenden (nunmehr) 2-Mann-Keyboard-Schlagzeug-Band vorgeht, wenn sie ihre Stücke „Alien Hip Hop“, „Space Foam“ oder „Kingdom Of Dreams“ nennen, vor allem, wenn die dazu dargebotene Musik in keinerlei Weise in Verbindung mit diesen bescheuerten Titeln zu bringen ist.
Selbst wenn der erste Song wohl mit dem beklopptesten Namen beginnt, „Alien Hip Hop“ – ist das EMINEM, der in ein Mikro wichst (weil es ja keinen Gesang gibt), während ihm die kleinen grünen Männchen erscheinen, oder treten unsere beiden Prog-Rocker bei dem Titel mit Baggy Pants, diesen tief sitzenden, „Ich-hab´-so-fette-Eier-Hosen“, die jedem „Normalo“ die Blödheit solcher „Mode“-Trends bewusst machen, auf? – ist er musikalisch doch ein durchaus erwartungsvoller Einstieg in dieses Album. Streichergeschwängerte Keyboardsounds gehen in harte Metal-Klänge mit gaaaaaaaanz viel Schlagzeug über. Aber das war es dann auch schon? Ist dem PLANET X die Vielfalt abhanden gekommen? Oder will er sich umbenennen in X-BELIEBIGEN PLANETEN? Es scheint so.
Denn „Desert Girl“ wartet zwar mit einem schönen Piano-Intro und ALLAN HOLDSWORTH auf, ist aber dermaßen mies produziert, dass jeder, der genauer hinhört, feststellen muss, dass die Aufnahme schnarrt und knistert, wie eine (früher) viel zu oft gehörte Vinyl-Scheibe. Aber eine Absicht steckt hier definitiv nicht dahinter – es ist nur eine oberflächliche, schnell dahingerotzte Aufnahme, die von einem großen Namen und einer schlechten Produktionstechnik lebt. Wobei allerdings HOLDSWORTHs Gitarrespiel über jeden Verdacht erhaben ist und gewisse Parallelen zu SOFT MACHINE durchaus erkennbar sind.
„Matrix Gate“ beginnt wieder mit Piano, geht wieder in metallische Gefilde über und drummert so richtig vor sich hin … wie das ganze Album. Liegt das vielleicht sogar daran, dass tatsächlich acht der insgesamt neun Titel kompositorisch aus der Feder des Schlagzeugers DONATI stammen? Ich fürchte ja! Lieber DONATI, nur für dich sollte gelten: „Drummer bleib bei deinen Drum-Sticks!“
Bis zum letzten Titel könnte man nunmehr die Kritik dieses Albums fortsetzen, es wiederholt sich alles, es bleibt alles austauschbar, allerdings deswegen nicht schlecht, eben nur zu gefühllos, zu kalt, zu geradlinig, zu durchschaubar, zu langweilig.
Und damit ist und bleibt mir unbegreiflich, wieso SHERINIAN die Musik dieses Albums als „Metal Fusion On Stereoids“ (Breit gefächerte, hart rockende Musik, die die Sexualhormone anregt!) bezeichnet. Denn was hier abgeht, lässt mich nicht an Sex denken, sondern an das schreckliche Erlebnis danach, das einen überfällt, während man stark alkoholisiert eine Dame abgeschleppt hat, die man morgens neben sich im hell erleuchteten Bettchen entdeckt.
Da mache ich´s dann lieber dem guten EMINEM nach!
FAZIT: Wer beim Sex dieses Album auflegt, auch wenn SHERINIAN das so will, braucht kein Kondom mehr, denn er wird von seiner Allerliebsten verstoßen werden. Instrumental fusionierter, progressiver Rock mit ein paar Jazz-Anleihen ohne jegliche Höhepunkte, die bei gutem Sex schließlich die absolute Voraussetzung sein sollten!
Punkte: 5/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.01.2008
Jimmy Johnsons, Rufus Philpot
Brett Garsed, Allan Holdsworth
Derek Sherinian
Virgil Donati
InsideOut
50:50
2007