Oh wie geil, oh wie schade! Eine einzigartige Band segnet das Zeitliche mit einem großen Abschiedsalbum – und das in fast jeder Hinsicht. Minimaler Doom, und deshalb eben nur fast: einzig die Zahl der musikalischen Bestandteile ist hier nicht groß, aber wie immer im Falle der Band ist das Zusammenwirken gigantisch.
CD 1 besteht aus zwei fast halbstündigen Monolithen, von denen der erste die Single „Teutonic Witch“ enthält. Der regelmäßige Charterfolg der Finnen in ihrer Heimat ist bei aller skandinavischen Metal-Verrücktheit kaum nachvollziehbar, wenn man zunächst einmal mehrere Minuten eine wiederholte Note durchleben muss, ehe REVEREND BIZARRE in einen Sabbath-Groove einstimmen und auch diesen breit auswalzen. Die Rhythmussektion ist so transparent inszeniert wie kreativ, dabei regelmäßig für geübte Ohren heischend aus dem Trott schlingernd: simpel, aber ausgetüftelt. Meister Albert gehen die üblichen Beschwörungen ab; er gibt sich hier erstaunlich rockig in der Stimme und läutet mit Leadbass einen längeren Instrumentalteil ein, in dessen Fadeout unvermittelt wieder die Gitarre hereindrängt, und die Band den Slow Doom zelebriert. Unter schmerzhaften Schreien leitet das Anfangsriff des Songs auch sein Ende ein – sehr toll, weil trotz Länge so schlüssig. „Sorrow“ wird seinem Namen gerecht und ist durchweg düster. Offen gestanden: mit langgezogenen Leads und nunmehr Witchfinders typischen Vocals ist das Stück zunächst auch ziemlich langweilig, weil erst nach zehn Minuten ein etwas treibenderer Gang eingelegt wird, wie ihn auch Cathedral immer wieder von ihren Vorbildern klauen. Das war schon immer so bei dieser Band: extreme Spannung wie Vorhersehbarkeit mischen sich zu etwas Einzigartigem. Die wenigen Riffs, die REVEREND BIZARRE nutzen, sind teilweise recht dreiste „Variationen“ des Altbekannten, die dagegenhaltende Frische, so man dieser Stilistik derart Positives attestieren kann, ist auch das Besondere der Band. Inzwischen schlägt es fünf vor Schluss, und Drums und Bass führen die Trauer intim zu ihrem Ende.
Mit nur zwölf Minuten und etwas reicher an Text beendet „Funeral Summer“ auf eingängige Weise den ersten Teil vom langen Abschied. Mit fetten Doublebass verdichtet sich das Klangbild zu einem Höhepunkt, den die Teil zwei von „III“ einleitende Viertelstunde „One Last Time“ erst einmal mit jazzigem Drumming und ewig ausgespieltem Grundmotiv gegenzeichnen muss. Der Gesang geht unisono zur Melodie mit, verschroben wie emotional. Konzentriert man sich auf die Lyrics, stellen sich Hooks heraus – der Text ist Fokus dieses Liedes, das nach zwei Dritteln seiner Laufzeit in sich zusammenbricht und– seinem Sänger ähnlich – sich schmerzhaft durchs Ziel windet.
„Kundalini Arisen“ ist auf „So Long Suckers“ der „Radiohit“ mit nur fünf Minuten und bluesiger Note. Allerdings: es ist ein Instrumental, was seine Eingängigkeit wie relative Virtuosität nicht verhindert. Gerne hört man auch „Casear Forever“ zu...immer wieder Black Sabbath, aber dieser Song ist trotzdem das Highlight des gesamten Albums mit einigen genialen Wendungen und Bass-dominiertem Outro. „Anywhere Out Of This World“ erscheint ob der neuerlichen Konzentration des Trios auf den Text zunächst monoton, ehe Albert plötzlich zu sanften Cleangitarren den Crooner macht und wie nirgends sonst Melancholie verströmt. REVEREND BIZARRRE entwickeln hier ungemeines Feeling, vor allem im umeinander tänzelnden Zusammenspiel von Bass und Gitarren. Ein geräuschhaftes Hinausführen mit kurz zum letzten Mal aufröhrendem Witchfinder beendet die Karriere einer wahrlich bizarren Band.
FAZIT: „Harbinger“ hatte vielleicht mehr ohrenfreundliche Songs, doch „III“ ist genauso geschlossen von vorne bis hinten. Mit dem Hintergrund der Auflösung im Kopf wird der unnachahmliche Doom von REVEREND BIZARRE unverzichtbar für Genreanhänger und auch jeden, der extreme Gefühle in Musik umgesetzt hören möchte und die Band zuvor nicht kannte. Letzte Gelegenheit, Hallo und Lebewohl zu sagen...
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.01.2008
Magister Albert Witchfinder
Magister Albert Witchfinder
Peter Vicar
Earl Of Void
Spikefarm/Soulfood
130:01
2007