„Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich nach 30 Jahren, in denen ich mich komplett in den Dienst der Band und ihrer Fans gestellt habe, ein neues Kapitel in meinem Leben aufschlagen und mich mehr auf meine Familie konzentrieren sollte.“, sagt die SAGA-Stimme MICHAEL SADLER und schließt damit wohl endgültig das Kapitel SAGA ab. Und die letzte musikalische Seite trägt die Überschrift „10.000 Days“ und führt hoffentlich nicht zu Verwechslungen mit dem identisch betitelten, letzten Album von TOOL. Ein Problem, das man hätte umgehen können, wenn die Zeiteinheit anders gewählt worden wäre, also „30 Years“ oder „240.000 Hours“.
So also klingt nun nach 30 Jahren oder eben 10.000 Tagen das (hoffentlich nicht nach ein paar Jahren wieder reunionierte) Ende einer Band, zu deren Symbol ein recht schauriges Insekt geworden ist. Zur Sicherheit wurde dieses gleich auf dem Cover begraben – wie´s scheint auf dem Mond, mit Kosmonauten im Vorder- und einer Pyramide im Hintergrund. Ist dieses gestalterische Element vielleicht ein Zeichen, dass wir nach dem Hören der CD die Band sowieso am liebsten auf den Mond schießen oder in die Wüste schicken würden? Diese böse Vorahnung erfüllt sich nicht, denn statt die Totenglocken zu läuten, werden einmal mehr all die alten Qualitäten ausgegraben, für die SAGA schon immer bei einem Großteil ihrer Fans geliebt wird: virtuose Gitarrenarbeit, dominantes Keyboardspiel, komplexe Bass- und Schlagzeugeinlagen, melodiöser Abwechslungsreichtum zwischen Pop, Rock und ein ganz wenig Prog (besonders im 7-minutigen Instrumental „Corkentellis“) sowie die über allem thronende charismatische, unverwechselbare Stimme. Manchmal hat man sogar den Eindruck, dass hier ein „Images At Twilight“-Part-2-Album entstanden ist, das den Ausrutscher „Steel Umbrellas“ komplett vergessen lässt, aber leider auch das sehr beeindruckende und andere Wege beschreitende Konzeptalbum „Generation 13“. Laut SADLER haben sich SAGA bewusst gegen ein Konzeptalbum entschieden, da es einfach nicht Absicht ist, „als übermäßig durchgeistigt gedacht“ zu klingen, sondern es ist „vor allem dazu da, den Zuhörer zu unterhalten“. Wem dieser Anspruch an ein SAGA-Album genügt, nämlich dass sie so wie zu ihren besten Zeiten klingen, allerdings ohne neue oder gewagte Ausflüge in andere musikalische Gefilde, der wird von dieser Final-Cut-Scheibe begeistert sein. Wer aber einen Abschied mit vertonten Knalleffekten erwartet, wird sich gelangweilt zurücklehnen und denken: „Nichts Neues, aber trotzdem o.k. – Erwartungen erfüllt, aber nicht überrascht!“ Ein altersweiser Abgang! Und dass der letzte Titel in der SAGA-Historie „It Never Ends“ heißt, ist ja auch irgendwie einfallsreich, mehr zumindest als die Musik.
Einzige Ausnahme ist hierbei wohl der „Longtrack“ (Darf man den bei 7 Minuten Länge eigentlich schon so bezeichnen?) „Corkentellis“, der mächtig losrockt, sich sogar ein wenig hinter die Vorhänge des komplexeren DREAM THEATERs begibt und gerade Gitarre und Keyboard zu den Hauptakteuren werden lässt. „Mensch, könnte SAGA nicht vielleicht ganz einfach ohne SADLER weiter machen?“, fragt man sich da unweigerlich. Spannend wäre es auf jeden Fall!
FAZIT: „Es gibt ein paar Passagen auf dem Album, bei denen wir etwas Neues ausprobiert haben. Aber insgesamt ist es, denke ich, klassisch SAGA anno 2007.“, meint MICHAEL SADLER. Und er hat Recht! Meine ich – einerseits positiv, andererseits aber auch kritisch!
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008
Jim Crichton
Michael Sadler, Jim Gilmour
Ian Crichton
Jim Gilmour, Michael Sadler
Brian Doerner
InsideOut/SPV
50:58
2007