Wie gewisse kalifornischen Kollegen feiern die Kandier UNEXPECT auf diesem bereits letztes Jahr in ihrem Heimatland erschienenen Album den Stilwechsel in schwindelerregender Frequenz und mit dennoch nachfühlbaren Songs. Dabei steht nicht nur die hohe Spielkultur der Instrumentalisten, sondern auch der tolle mehrstimmige Gesang im Vordergrund.
Da mischen sich im Opener Slapbässe mit Violinen, wie sich der Klassik- und Extrem-Metal-Anteil insgesamt als höher erweist als bei Sleepytime Gorilla Museum. Prog bedeutet hier auch, Kunstlied- und Musical-artige Parts einzuflechten, die vom Gesang zwischen Gurren, Grollen und Schreien profitieren, der auch schon mal im Chor erklingt und so den Kollektivgedanken der Gruppe hervorkehrt. Rhythmisch reichen UNEXPECT vom Sprunghaften bis hin in Black-Metal-Bereiche. Ferner verarbeiten sie Jazzelemente mittels Piano und Walkingbass, wobei letzterer mit zunehmender Spielzeit durch diverse spielerische Extravaganzen auffällt. Seltener sind da schon Industrial-Gesten, jedoch prinzipiell ebenso möglich wie alles Andere im Soundkonzept der Gruppe. „Summoning Scenes“ ist ein schierer Ideenhort und würde anderen Bands zu einer Jahre überdauernden Diskographie gereichen. Wenige Weirdo-Truppen können allerdings auch motivierende und berührende Songs schreiben, was bei UNEXPECT jedoch definitiv gegeben ist. Die Pianomotive verzücken nicht selten („Desert Urbania“), und die Streicheranteile und Bläsereinlagen während „Megalomaniac Trees“ nehmen für die Canucks ein.
Viel Drama und Theatralik bietet das Fleischaquarium; die orgelnde Ruhe des kurzen „The Shiver“-Intros täuscht und ist die Oase vor dem zermürbend-hektischen Hauptteil des Tracks. Für Sackpfeifeneinsatz und rhythmische Mathematik sind sich die Musiker nicht zu schade. Nach dem chaotischen Ende des Rauskickers fragt man sich bloß, in welcher Parallelwelt diese Künstler leben. Ihr Erzeugnis erreicht den Hörer nicht über einfache Greifbarkeit. Die Textbedeutungen sind verklausuliert hinter der wirren Soundphilosophie, deren eingängige Komponenten und wirklich wiederkehrende Passagen – also eine wohlbedachte Struktur – letztlich die Verbindung herstellen.
FAZIT: UNEXPECT sind fürwahr unerwarteter Eklektizismus. Gekonnt dargeboten mit ungeheuerem musikalischen (Geschichts-)Verständnis, aufregend und jedwede Gefühlsregung andeutend. Pflichtscheibe für Oppositionsrocker!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Chaoth
syriaK, Artagoth, Leïlindel
syriaK, Artagoth
Exod
Landryx
Exod (samples)
Ascendance/Soulfood
60:37
2007