Was die Gothic-Szene mit unauslöschbarer Regelmäßigkeit an Material erzeugt, das dem selbst auferlegten Anspruch an Gefühl und Romantik nur im Rahmen käsiger B-Movie Emotionalität gerecht wird und was die Metal Szene mit geringerer Regelmäßigkeit an halbgarem Klassik-Potpourri auf den Markt wirft, das erzeugt im Herzen des Musikfans stetes Grausen und böse Vorahnungen, was einem die australischen VIRGIN BLACK mit ihrem „Requiem – Mezzo Forte“ da wohl auftischen mögen.
Das neueste Werk erscheint im Rahmen einer Trilogie, deren Teile aus „Requiem - pianissimo“ (reine Klassik), „Requiem - mezzo forte“ (Klassik/Metal) und „Requiem - fortissimo“ (Doom/Death) bestehen und in einer Art Gesamtkontext funktionieren sollen. Ob dieses Konzept aufgegangen ist, läßt sich wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt feststellen.
Los gehts mit „Requiem, Kyrie“: Tieffrequente Cello-Flächen-Dramatik und düstere Chöre erzeugen Soundtrack-Feeling, Metal Gitarren finden nicht statt, im Mittelpunkt stehen einzig und allein die klassischen Instrumente und der opernhafte Männlein/Weiblein-Gesang, die zur Freude und zum Erstaunen weder nach NIGHTWISH klingen, noch in irgendeiner Weise dilettantisch rüberkommen, sondern kraftvoll und hoch emotional.
„In Death“ streichelt das Ohr zuerst mit harmlosem Streicher-Fugenkitt, bis zum ersten Mal die Gitarren einbrechen – die Sechssaiter verfackeln hier kein Feuerwerk an kreativem Spiel, sondern erzeugen mit stehen Akkorden parallel zu den gregorianischen Chören eher Atmosphäre. Die „Midnight´s Hymn“ zieht sich mit dezenter Orchestrierung und wenigen Heavy Riffs höhepunktarm wie Kaugummi in die Länge, bis „… And I am Suffering“ mit einem erdrückendem Klassik-Doom Stück aufwartet, das in etwa so klingt, als hätten MY DYING BRIDE ein Orchester entdeckt, das, von einer klagenden Gitarrenmelodie gestützt, Schwermut zelebriert. Ein paar Death Metal Grunzer finden auch ihren Weg in den eigentümlichen Soundmix, werden hier aber eher in Form eines Chores benutzt - das klingt vielleicht seltsam, aber es funktioniert erstaunlich gut.
Als Anpspieltip sei „Domine“ genannt, das als einziges Stück des Albums durchgängig von harten Gitarren begleitet wird und dem Metal Fan wohl am leichtesten reinlaufen dürfte. Der männliche Gesang greift hier ein Thema des ersten Stückes wieder auf.
Das pathetisch betitelte „Lacrimosa (I am Blind With Weeping)“ bietet nichts neues und hätte sehr gut das Ende des Albums beschließen können, denn „Rest Eternal“ verbrät nur Themen der ersten Stücke: So wird zwar dem Konzept-Charakter des Albums Rechnung getragen, wirklich spannend ist das Ganze aber nicht.
FAZIT: Alles in allem eine positive Überraschung: VIRGIN BLACK bekommen Klassikelemente (eingespielt vom Adelaide Symphony Orchestra), Doom, opernhaften Gesang und sporadische Metalversatzstücke mit glücklichem Händchen unter einen Hut und dürften als Soundtrack zur Trauer manchen Hörer glücklich machen. Zur Dauerrotation in der Musikanlage reicht es hingegen noch nicht, weil sich einige Passagen doch arg in die Länge ziehen und die Abwechslung ein wenig zu kurz kommt. Worauf sich VIRGIN BLACK aber konzentrieren, das machen sie gut.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2008
Grayh
Rowan London, Grayh
Samantha Escarbe
Rowan London
Luke Faz
Adelaide Symphony Orchestra (Orchester), Samantha Escarbe (Cello)
Massacre Records
52:08
2007