Zurück

Reviews

W.A.S.P.: Dominator

Stil: Heavy Metal

Cover: W.A.S.P.: Dominator

Über das dreizehnte W.A.S.P.-Album, das nach vorheriger Verzögerung inzwischen schon seit ein paar Wochen in den Geschäften liegt, war ja schon im Vorfeld so einiges und durchweg Gutes zu hören; "Rückkehr in alte Zeiten", "die Beste seit The Crimson Idol" und ähnliches war überall verheißungsvoll zu vernehmen. Selbst in die Charts ist "Dominator" mittlerweile eingestiegen (derzeit Platz 72). Dennoch: Als Fan der ersten Stunde war eine gewisse Skepsis angebracht, schließlich hatte man in all den Jahren auch so einige Durststrecken mit der Lawless-Bande zu überstehen, gerade in der jüngeren Vergangenheit.

Um es vorweg zu nehmen: Sie stimmen alle, die Jubelschreie! Absolut! Das Album ist klasse, spitze, megafett - sucht euch irgendwas aus, Hauptsache ihr glaubt es und wenn ihr euch bisher auch nur ansatzweise für etwas aus dem umfangreichen W.A.S.P.-Fundus begeistern konntet, dann kauft euch den "Dominator".

Ich spare mir an dieser Stelle, dieses kompakte Stück Edelmetall noch zu sezieren und die Songs im Einzelnen herauszuheben, auf die (politisch korrekten) Texte und die mal wieder neue Bandbesetzung einzugehen, das wurde an diversen anderen Stellen bereits zu Genüge getan. Letztlich ist es auch gar nicht nötig, da es hier keine Ausfälle oder Qualitätsschwankungen zu vermelden gibt. Stattdessen gehe ich es diesmal etwas persönlicher an, es soll ja Leute geben, an denen dieses Kapitel Metal-Geschichte bisher komplett vorbeigegangen ist und die ein wenig Motivation bedürfen - schließlich gilt es auch, Festival-O-Töne wie "Kenn ich nicht, hab ich mir nicht angeguckt" zukünftig zu vermeiden... Ein desinteressiertes "Wegklicken" wegen der zu großen Abschweifung ist hier übrigens jederzeit möglich;-)

Ich erinnere mich noch ziemlich genau, wie es mich kurz nach Veröffentlichung des Debüts, angestachelt durch einen Bericht vermutlich im damals noch lesbaren Metal Hammer, in die nächste Großstadt zog (in unserem Kaff ist die Auswahl an ausschweifender Musik mit schlechtem Cover selbst heute noch äußerst übersichtlich), um mich selber mit dem ersten Lebenszeichen der "sexuell Perversen" zu beglücken. Da stand ich dann in der überteuerten WOM-Filiale, sah erstmals das Cover mit den fiesesten Plastikknochen neben TWISTED SISTERs "Stay Hungry" (die aber erst etwas später den Weg in meinen Plattenschrank gefunden hat) und dachte nur "Wie peinlich ist das denn? Das kann ich doch nicht kaufen..." Und dann noch diese Fratzen auf der Rückseite... Das war selbst mir als frischgebackener KISS-Fan zu albern und kitschig und mein fester Entschluss eines Blindkaufs geriet doch gehörig ins Wanken; ich konnte ja auch noch nicht ahnen, was mich musikalisch tatsächlich erwarten würde. Nach einiger Überlegung nahm ich mir dann aber ein Herz und schob mich peinlich berührt Richtung Tresen, in der Hoffnung, die grimmig dreinschauende Korpulente an der Kasse würde wegen dieser Peinlichkeit nicht nach meinem Ausweis fragen. Diese Hürde war aber nach einem kurzen Seitenblick der Marke "Was hörst Du denn da für ´nen Schrott, Kleiner? Wissen das deine Eltern?" schnell gemeistert und so ging es, immer noch ziemlich skeptisch, schnellstens nach Hause vor die Anlage. Aber schon mit den ersten Tönen von "I Wanna Be Somebody" waren alle Zweifel dahin und das schräge Cover nicht nur nebensächlich, nein, es passte plötzlich sogar, fühlte man sich doch motiviert, in der Pose des dort abgebildeten Tony Richards (der kurz darauf übrigens aus der Band flog) vor den Boxen zu knien. Die einmalig markante Stimme von Blackie Lawless fraß sich währenddessen immer tiefer ins Kleinhirn (wo sie bis heute ihren festen Platz hat). Neben dem Opener waren es dann weitere Hymnen wie "L.O.V.E. Machine", "School Daze" oder "Hellion", die augenblicklich zur wilden Metal-Party motivierten und mich sofort mit dem W.A.S.P.-Virus infizierten.

Bald darauf erschien mit "The Last Command" und den dort enthaltenen weiteren Klassikern der Marke "Blind In Texas", "Wild Child" oder "Widowmaker" der nächste Volltreffer. Das lustige Video zum erstgenannten Song, in dem auch ZZ TOP ihren kultigen Auftritt hatten, lief danach auch in so einiger der ersten trinkfreudigen Bangerrunden, an denen man allmählich teilnahm und bei denen so mancher den Songtitel im jugendlichen Leichtsinn schon mal allzu wörtlich nahm...

Obwohl es danach ständige Besetzungsprobleme und eine leichte Schwächephase namens "Inside The Electric Circus" im Hause W.A.S.P. gab, sollten die richtigen Großtaten erst noch folgen und die anhaltende Begeisterung nicht nur meinerseits noch verstärken. Selbst die massiven Angriffe selbsternannter Jugendschützer in den USA und anhaltende Gerüchte, bei den vom Sägen-Freak Lawless blutsuhlig und mit nackter Haut inszenierten Shows würde es nicht immer gänzlich "live" zugehen, konnten der steigenden Kreativität des Songschreibers nämlich nichts anhaben. Und so verfasst dieser dann mit "The Headless Children" und dem großartigen Konzeptalbum "The Crimson Idol" gleich mal zwei Meilensteine der Metal-Geschichte hintereinander. Letztere sollte dann übrigens eine der ersten Platten sein, unter die ich, inzwischen zum Fanzineschreiber mutiert, die volle Punktzahl gesetzt habe; eine Note, die ich heute sofort wieder zücken würde - und zwar für beide Alben. Bei jedem ernstzunehmenden Metal-Fan gehören diese einfach in die Sammlung, punktaus!

Es war klar, dass dieses Niveau dann auf Dauer nicht zu halten war, während zusätzlich noch die eingesetzte Grungewelle die ganze Szene verunsicherte. Trotzdem ist man auch mit den nachfolgenden Alben als Fan selbst bei einer auf modern getrimmten Scheibe wie "K.F.D." mit ihrem Industrialsound meistens sehr gut gefahren. Gelungene Songs kann man auf jeden Fall auf allen Platten finden, mir reicht dabei meist alleine schon die einzigartige Stimme. Das Problem von eigentlich guten Alben wie "Helldorado" und "Unholy Terror" war aber wohl, dass Blackie einfach zu zwanghaft anspruchsvoll vorgehen und unbedingt ein zweites "The Crimson Idol" zustande bringen wollte. Nur zuletzt wurde es dann langsam doch bedenklich, denn trotz des wiederum ausgefeilten Textkonzepts, war das zweiteilige "The Neon God" gemessen an früheren Glanzzeiten doch eher mittelmäßig, gerade auch durch den ziemlich miesen Sound. Da ist es jetzt umso erfreulicher, dass bei W.A.S.P. wieder wesentlich ungezwungener drauflos gerockt wird.

FAZIT: Kritk an dieser Kritik ist zwecklos, denn mir ist völlig klar, dass sich der Gesetzlose auch diesmal wieder umfangreich selbst zitiert, er schon anspruchsvoller komponiert hat und wahrscheinlich (nein, ganz sicher) auch persönliche Nostalgie eine große Rolle bei dieser Bewertung spielt. Aber Musik soll in erster Linie Spaß machen - und ich freu mir hier ´nen Mega-Ast. Und dafür gebührt dem schwarzen Mann einfach mal gehörigen Respekt!

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008

Tracklist

  1. Mercy
  2. Long, Long Way To Go
  3. Take Me Up
  4. The Burning Man
  5. Heaven`s Hung In Black
  6. Heaven`s Blessed
  7. Teacher
  8. Heaven`s Hung In Black (Reprise)
  9. Deal With The Devil

Besetzung

  • Bass

    Mike Duda

  • Gesang

    Blackie Lawless

  • Gitarre

    Blackie Lawless, Doug Blair

  • Schlagzeug

    Mike Dupke

Sonstiges

  • Label

    Demolition Records

  • Spieldauer

    43:26

  • Erscheinungsdatum

    2007

© Musikreviews.de