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Winger: Live (DCD/DVD)

Stil: Melodic Hardrock

Cover: Winger: Live (DCD/DVD)

Von einer halbherzigen oder kurzfristigen Rückkehr kann bei WINGER scheinbar nicht die Rede sein, denn nach dem letztjährigen Comeback-Album und der schon kurz darauf nachgeschobenen umfassenden Aufbereitung alter Aufnahmen kann man sich jetzt auch noch ein Konzerterlebnis der melodischen Hardrocker ins Haus holen - wahlweise auch mit Bild. Durch die zeitliche Nähe zu den letzten Outputs scheint dies zwar etwas übereilt, gegen ein Live-Album der New Yorker ist ansonsten aber kaum was einzuwenden, ist es doch das erste (offizielle) in der langjährigen Bandgeschichte.

Aufgenommen auf der Reunion-Tour in den USA, spielt sich die erstklassig besetzte Band quer durch ihr Repertoire und bringt in der langen Setlist alle Schaffensphasen angemessen unter. Vom letztjährigen Album sind ebenso vier Songs vertreten, wie vom unterbewerteten "Pull", die sich gleichmäßig mit Platinhits wie "Seventeen", "Easy Come Easy Go" und natürlich "Miles Away" abwechseln. Gerade die letztgenannte Ballade ist mit dafür verantwortlich, dass viele Unwissende hinter dem Namen WINGER immer noch eine reine Kuschelrock-Kombo vermuten, als Beleg dagegen standen aber schon immer Heavyrock-Nummern wie etwa "Junk Yard Dog" und auch die meisten anderen Songs werden hier etwas kantiger rübergebracht als in der Studioversion. Erst gegen Ende der Show kommt dann die Akustikklampfe verstärkt zum Einsatz, nachdem sich die Solisten Beach und Morgenstein zuvor beeindruckend in Schweiß gespielt haben.

Der Sound des Doppelalbums, vom Bandchef persönlich geregelt, ist tadellos und modern, aber an den entsprechenden Stellen nicht "zu positiv" ausgefallen, denn die eingefangenen Publikumsreaktionen etwa sind ziemlich zurückhaltend und finden bestenfalls mal bei den Refrains der großen Hits oder zwischen den Songs statt. Dafür klingt die Aufnahme aber authentisch, die Arena-Zeiten sind halt lange vorbei.

Dies zeigt sich noch deutlicher auf der separat erhältlichen DVD-Version, wo man die ehemals so namhafte Band in der Realität des Jetzt, also statt im Stadion auf einer kleiner Clubbühne und mit ein paar hundert Zuschauern im unmittelbaren Angesicht bewundern kann. Die nicht gerade dichtgedrängten Fans sind dafür aber immerhin ausschließlich wegen der Band gekommen und darunter finden sind neben einem auffällig hohen Frauenanteil (gerade in den vorderen Reihen) wie zu erwarten größtenteils erfahrene Hardrockfans. Dementsprechend unaufgeregt und mehr zusprechend mitwippend oder gespannt lauschend statt euphorisch feiernd erweist sich dann auch die Gesamtstimmung. Auf die seltenen Aufforderungen des etwas zu reserviert wirkenden Sängers, der durch die Doppelbelastung am Bass aber zwangsläufig nicht übermäßig agil sein kann, reagieren die Reihen aber bereitwillig. Dennoch könnte etwas mehr Bürgerkontakt sicher nicht schaden.
Ach ja: Was sich zu Beginn beim Blick aufs Publikum als sehr unansehnlich erweist, sind die ganzen "Handyfilmer", die leider mittlerweile wohl zum Konzertalltag gehören. Wer so einen im realen Konzerterlebnis schon mal vor der Nase hatte, kennt den Nervfaktor dieser Plagegeister und hier im überschaubaren Rahmen fallen sie auch aus Bühnensicht richtig auf. Sollte man verbieten so was, wenigstens bei ´nem DVD-Mitschnitt...

Musikalisch ist, wie bereits erwähnt, während des anderthalbstündigen Konzerts alles im grünen Bereich. Das Quartett bietet keine wilde oder effektvolle Show, überzeugt dafür aber als bodenständige, kompetente Rockband und die individuelle Klasse der einzelnen Musiker; alleine schon die Soloeinlagen von Klampfer Reb Beach und dem dauergrinsenden Stöckchenschwinger Rod Morgenstein können das Auge fesseln. Die aufgebotene Technik ist für den kleinen Rahmen mit zehn eingesetzten Kameras überraschend aufwändig und setzt die Band dementsprechend abwechslungsreich ins Bild, wenngleich die Bildwechsel auch durch die Einstreuung von Schwarzweißbildern manchmal etwas zu hektisch ausgefallen sind. Den positiven Gesamteindruck schmälert das aber nicht.
Zur Abrundung darf man in der Bonusabteilung der DVD noch für knappe neun Minuten dem Soundcheck vor dem Konzert beiwohnen und eine kurze Diashow betrachten.

FAZIT: Wie üblich ist auch diese umfangreiche Live-Dokumentation vornehmlich als Best Of-Zusammenstellung geeignet. Wer als bekennender Fan bereits alle Studiowerke besitzt, darf zur DVD greifen, ohne eine Enttäuschung zu befürchten, zumindest wenn er keinen großartigen Lichterglanz erwartet. Bei den modernen WINGER konzentriert man sich halt schon lange ausschließlich auf das Wichtigste.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2008

Tracklist

  1. CD 1
  2. Blind Revolution Mad
  3. Loosen Up
  4. Easy Come Easy Go
  5. Your Great Escape
  6. Down Incognito
  7. Rainbow In The Rose
  8. Generica
  9. Junk Yard Dog
  10. -
  11. CD 2
  12. Right Up Ahead
  13. Reb´s Guitar Solo
  14. You Are The Saint, I Am The Sinner
  15. Rod´s Drum Solo
  16. Headed For A Heartbreak
  17. Can´t Get Enough
  18. Seventeen
  19. Who´s The One
  20. Miles Away
  21. Madalaine
  22. Blue Suede Shoes
  23. -
  24. DVD
  25. Blind Revolution Mad
  26. Loosen Up
  27. Easy Come Easy Go
  28. Your Great Escape
  29. Down Incognito
  30. Rainbow In The Rose
  31. Generica
  32. Junk Yard Dog
  33. Right Up Ahead
  34. Reb´s Guitar Solo
  35. You are The Saint, I Am The Sinner
  36. Rod´s Drum Solo
  37. Headed For A Heartbreak
  38. Can´t Get Enough
  39. Seventeen
  40. Who´s The One
  41. Miles Away
  42. Hungry
  43. Madalaine

Besetzung

  • Bass

    Kip Winger

  • Gesang

    Kip Winger

  • Gitarre

    Reb Beach, John Roth

  • Schlagzeug

    Rod Morgenstein

Sonstiges

  • Label

    Frontiers Records

  • Spieldauer

    202:04

  • Erscheinungsdatum

    2007

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