Sechs Songs in rund 22 Minuten, davon einer doppelt, der sich von seinem Pendant nur durch den ferkeligeren Text unterscheidet (im Original anscheinend noch deutlicher eingeteilt in den „Livin' Hell“ (Church Meetin' Mix) und „Livin' Hell“ (Poker Game Mix)). Die größtenteils akustisch vorgetragenen Songs verlassen selten vertraute Gefilde, der Rock-Anteil in all dem countrylastigen Sing- und Swing-Along ist erstaunlich gering. Manchmal darf die elektrische Gitarre kurz Laut geben und die unvermeidliche Steel-Guitar melancholisch Jaulen. Wenn dazu noch die Fiedel fiedelt, bleibt kein Auge trocken in den Trucker-Kneipen dieser Welt. Da wird die Liebste in den Arm genommen und durch den alkoholgeschwängerten Dunst geschoben, bis die Sägespäne wirbeln, der letzte einsame Cowboy vom Stuhl fällt, und der Laden in den frühen Morgenstunden schließt. In BLACKBERRY SMOKES Liedern geht es um’s Saufen und Huren, manchmal auch um beides zugleich. Dabei kommen die Stücke in harmlosen Gewand daher, mal im Walzertakt, mal eher dem Blues oder Bluegrass verpflichtet; dabei immer die Südstaaten im Blick. Und wenn’s nicht der Truckertreff am Rande eines staubigen Highways ist, dann trifft man sich eben an der klapprigen Bühne eines x-beliebigen Erntefestes. Das ist zutiefst traditionell und besitzt manch gelungenen harmonischen Einfall im Grenzbereich zwischen Country und einer kleinen Prise Southern Rock. BLACKBERRY SMOKE tun niemandem weh – außer der eigenen Leber, wenn man den Verlockungen der Songs verfällt -, gefallen aber auf eine unspektakuläre Weise. Ob man damit in Deutschland einen müden Hund hinterm Ofen hervorlocken kann, darf skeptisch beurteilt werden. Andererseits haben Truck Stop hierzulande auch immer noch Fans. Und die Band ist um (in Kilometern kaum messbare) Längen schlechter...
FAZIT: Wenn ich gewusst hätte, das mir BLACKBERRY SMOKE über den Weg laufen, hätte ich mir den alten Blues Brothers Gag von der Band, die Country UND Western spielt für diese Rezension aufbewahrt. Denn selten war er treffender. Auf der kurzen „New Honky Tonk Bootlegs“ EP finden sich zutiefst traditionalistisch orientierte Songs, die sich gekonnt zwischen Bluegrass, swingendem Country und einer sehr dezenten Prise Rock bewegen. Die Texte verbeugen sich vor Jim Beam und schmutzigem Sex, sind aber bestenfalls anzüglich genug, einem jugendlichen Messdiener die Schamesröte ins Gesicht zu treiben. Irgendwie hoffnungslos veraltet und trotzdem sympathisch, wissen die einschmeichelnden Melodien auf eine schlichte Art zu gefallen. Nur manchmal, wenn das Bremspedal gelöst wird und die akustischen Beschränkungen außer acht gelassen werden, keimt der Verdacht, das mit weniger Zurückhaltung und mehr Wildheit etwas weitaus Größeres hätte entstehen können. Überzeugte Stetson-Träger können der Wertung locker 3-4 Punkte zuschlagen. So weit sie EPs mögen.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.08.2008
Richard Turner
Charlie Starr, Paul Jackson, Richard Turner
Charlie Starr, Paul Jackson
Joey Huffman
Brit Turner
Bobby Yang
Eigenproduktion/jfk
22:19
18.07.2008