Der Bandname klingt nach gecastetem Alternative-Sound, doch CHEENO haben mehr auf dem Kasten - Jennie Kloos' kräftige Stimme, zu viel Sologefiedel und konzeptioneller Überbau fürs Vier-Minuten-Videoformat sowie trotzdem Hitqualitäten der weniger ins Gesicht springenden Art.
Als Gewinner vom deutschen Musikkonsens gestifteter Preise scheint es wenig plausibel, CHEENO den Metallern mit Verweisen auf gemeinsame Gigs mit Erscheinungen wie Ross The Boss schmackhaft machen zu wollen, denn sie sind Fans von beispielsweise Die Happy weitaus eher zu empfehlen. Diesen voraus haben sie jedoch, dass die Aufmerksamkeit (noch) nicht nur auf das vorne stehende Bandmitglied gerichtet ist. So dürfen auch mal Gaststreicher und Perkussionisten wie bei "buddhistic hands" ins Rampenlicht, was keinesfalls wie ein Gimmick wirkt - wie oftmals bei der kommerziell erfolgreicheren Konkurrenz. Ob CHEENO mit dieser auf diesem Label gleichziehen können, darf angezweifelt und ohnehin vergessen werden, wenn es um nüchterne Bewertung ihres musikalischen Gehalts geht. Statt mehrheitsfähigem Punk hören die Mitglieder gewiss eher modernen Querdenkerrock wie A Perfect Circle, dessen Verbindung von Eingängigkeit und Anspruch sie emulieren möchten - überwiegend erfolgreich. Die Pianoballade "You" schlägt dabei ganz aus der Art und erfreut mit warmen Celloklängen. Dass der rote Faden der Scheibe zahlreiche Intermezzi bedingt und so die Aneinanderreihung gleichförmiger Tracks verhindert, tut "The Next Step Will Be The Hardest" gut.
"Pacman" lässt die Raubkatze die Krallen abwechselnd ein- und ausfahren - stellvertretend für den Wandel, den das Album immer wieder von leicht experimentellen Elementen zu Vorhersehbarem vollzieht, ohne unschlüssig zu wirken. Geschickt vertuschen CHEENO hiermit, dass sie prinzipiell nichts Neues liefern, jedoch - vor allem im nationalen Kontext - beachtliches Potential haben, um in Zukunft bei der Gestaltung der rockigen Hörgewohnheiten Heranwachsender bis Mittzwanziger ein Wort mitzureden. Der bereits hier sichtbare Horizont verhilft zur Gelassenheit, dass die Band, sollte sie nicht der medialen Nichtigkeit anheim fallen, mit der Zeit noch "wächst" - will heißen: zeitlose Musik macht.
FAZIT: CHEENO passen zum Zeitgeist, sind aber nicht dessen Produkt. Sie fahren ihre Fühler in viele Richtungen aus und sprechen vornehmlich die alternative Seifenblase an, welche sie hoffentlich durch Freispielen von Business-Konventionen zerplatzen lassen werden. Falls hier dem Erfolg nicht hinterhergeschielt wird, darf man noch Erstaunliches von CHEENO erwarten - wie in der mäandernden Progmoderne des fünfzehnminütigen Titelstücks am Ende.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.11.2008
Carsten Pinkle
Jennie Kloos
Joey Siedl, Phil Hillen
Mike Müller
Prevision/Soulfood
71:38
05.12.2008