Käme diese deutsche Band aus Sachsen, dann läge die Vermutung nahe, dass sie sich nach einer näheren Verwandten (Tante auf sächsisch entspricht Dante) benannt hätten. Da sie aber aus dem Pendlerpauschal-Land Bayern kommt, bezieht sich der Bandname wohl auf den italienischen Dichter und Philosophen Dante Alighieri, der mit seiner berühmten mittelalterlichen „Göttlichen Komödie“ dem dominanten Latein die italienische Literatursprache entgegensetzte. Warum sich aber gerade eine deutsche Band, die englische Texte schreibt und singt, nach einem Italiener benennt und nicht zumindest in den eigenen Gefilden wildert, bleibt ihr Geheimnis. „Immanuel“ wäre schließlich auch kein schlechter Name gewesen (und würde bei falscher Aussprache sogar erotische Filmerinnerungen wecken)!
Außerdem ist dieser „Innere Kreis“ bei Weitem keine „Göttliche Komödie“, sondern eher ein Debut-Album, das auf der Suche nach dem „Göttlichen Traum-Theater“ noch ein paar holprige Ecken und Kanten aufweist. Wohl nicht zufällig gründeten Keyboarder MARKUS MAICHEL und Gitarrist MARKUS BERGER nach dem Besuch eines DREAM THEATER Konzerts DANTE – denn oftmals klingt ihre Musik so, als wäre sie noch unter dem unmittelbaren Eindruck vom Konzert entstanden. Also ein eifriger Versuch, in gewissen Momenten den Vorbildern tonal zu folgen, ohne diese wirklich zu erreichen.
Natürlich ist mir bewusst, dass ich mich spätestens in diesem Moment von den euphorischen Lobpreisungen, wie „kleines Prog-Meisterwerk“, „Progmetalaufsteiger des Jahres 2008“, „Newcomer des Jahres“ oder „Hoffnungsträger der Prog-Szene“, die es auf dem Promozettel und der Band-Homepage zu lesen gibt, etwas entferne. Nur manchmal ist es durchaus besser, mit der einen oder anderen Kritik bei einem Debut aufzuwarten, wo andere regelrecht mit honigreichen Einsalbungen um sich schmeißen.
DANTE sind bereits auf ihrem liebvoll gestalteten Cover auf den Pinguin gekommen. Doch beim Lesen der Texte und Hören der Musik frage ich mich die ganze Zeit, was hat dieses von vielen so geliebte und oftmals verfilmte Vieh eigentlich mit der CD zu tun. Gibt’s auf der zweiten Scheibe dann vielleicht Knut, den Eisbären, zu bewundern?
Mehr oder weniger geht es mal wieder um einen von Selbstzweifeln zerfressenen, sich immer mehr von der Realität entfernenden, weil enttäuschten und an der Gesellschaft zerbrochenen Menschen, der als eine Art philosophisches Psychogramm sein Leben vor uns ausbreitet – erzählt von einem Dritten, der diese Veränderungen seines Freundes nicht begreifen kann: „The person you are / the person you were / It’s like I’ve never known you / Like we’ve never met before.“ Mit genau den Textzeilen beginnt das Album und verfolgt bis zu seinem Ende diesen roten Faden der Selbstfindung. Durchaus interessant und textlich ansprechend – dazu noch von ALEXANDER GÖHS wirklich gut gesungen. Weniger Lob hat dagegen der Mann hinter den Fellen, CHRISTIAN EICHLINGER, verdient, denn einerseits ist sein Schlagzeugspiel (wofür er wirklich nichts kann) besonders im ersten Titel zu dünn und blechern abgemischt, aber andererseits liegt er des Öfteren (wofür er etwas kann) doch erkennbar neben der musikalischen Spur.
Dafür erwartet in „Ghost From The Past“ den Hörer eine Überraschung, die wohl berechtigt folgende Frage aufwirft: „Warum singt auf dem Inneren Kreis eigentlich fast ausschließlich nur Alexander Göhs, wo sich doch hinter den Tasteninstrumenten ein ebenso charismatischer Sänger versteckt?“ Im zweiten Teil des Geistertitels taucht nämlich wie von Geisterhand beschworen MARKUS MAICHELs Stimme auf und die klingt nach einer Schwelle (THRESHOLD), die schon AYREON und STAR ONE überschritten – nämlich dem wahrhaft begnadeten Sänger DAMIAN WILSON. Warum nur räumt man solch klanglichem Schmankerl so wenig Raum ein? Na ja, vielleicht haben ja italienische Philosophen darauf eine Antwort.
Übrigens wecken die gefühlvollen Balladen „For I Am“ und „The Giving“ deutliche Erinnerungen an SYLVAN, eine Band, die ja bereits den Sprung in die erste deutsche Prog-Liga geschafft hat, was ich durchaus auch DANTE gönne.
FAZIT: Musik zum Wecken von Erinnerungen, in denen man eigentlich auf diese Weise nicht unbedingt schwelgen will – denn die Originale, wie DREAM THEATER oder deren deutsches Pendant VANDEN PLAS, klingen nach wie vor besser und deutlich professioneller.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.07.2008
Markus Berger
Alexander Göhs
Markus Berger
Markus Maichel
Christian Eichlinger
Markus Maichel (zusätzlicher Gesang bei “Ghost From The Past”)
Eigenvertrieb / Just For Kicks
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30.05.2008