Konsolidierung im Fleischhaus: Die „Black Metal Onkelz“ sind weiterhin ein Fall zum ausschließlich Lieben oder Hassen, doch in dem Maße, in dem der Schock und Ü-Effekt sich abgenutzt hat, lassen die Unkünstler qualitativ nichts anbrennen – für ihre Verhältnisse wohlgemerkt.
„Stahlschwarzschwanger“ beginnt als Gothrocker und knüppelt sich zwischenzeitlich in höhere Härtegrade. Regelrechtes Geschick kann man den Musikern attestieren, wenn sie wieder zum Hook zurückfinden, dieses klar als Songmittelpunkt zentrieren und doch die schwarze Peripherie nicht zum Beiwerk verkommen lassen. „Treibjagd“ ist dann ganz im marginal melodischen skandinavischen Black Metal belassen, wenngleich dessen Intensität nicht fühlbar wird – liegt es an den verständlichen deutschen Texten oder daran, dass EISREGEN schwerlich unvoreingenommen angegangen werden können? Letzteres liegt im Betrachterauge, doch es besteht kein Zweifel daran, dass man die Gruppe wohl niemals an ihren musikalischen Leistungen messen wird, sondern stets die Lyrics im Auge hat – ähnlich wie bei unsäglichen Komödianten wie J.B.O. Dass EISREGEN keine Elitekünstler sind, weiß jeder, doch muss man ihnen bescheinigen, die Crematorys dieser Welt hinsichtlich der Substanz ihrer Mucke ausstechen; keine Kunst, wird mancher behaupten, aber als kalkuliert kann man die Musik auf „Knochenkult“ zu keiner Sekunde bezeichnen, zumal man den Aufmerksamkeitsbuhler unter den Texten diesmal vergeblich sucht. Tatsächlich sind viele Lack-und-Leder-Lidschattenrocker wesentlich klischeetriefender als EISREGEN. Übel nehmen wir der Combo aber jetzt bitte alle den Rip-Off des „Heaven and Hell“-Riffs in „Sei Fleisch und Fleisch sei tot“... und plump „ich ficke sie“ zu singen, lässt uns Muttersprachler zusammenzucken, doch damit sind wir wieder bei vergleichbaren Lyrics in Englisch.
Der Thüringer Axtfetisch haut sich nicht ins eigene Fleisch; weder die cleanen Vocals noch das bösartige Keifen tönen lächerlich und artikulieren die Texte auf eine Art, die keine Lächerlichkeit aufkommen lässt. Natürlich wird sich kein Hasser der Band umstimmen lassen und zum Fan werden, doch dem Leser sei von einem eben solchen gesagt, dass EISREGEN wirklich eine Marke geworden sind, die sich national mit jedem Imagerocker messen kann, wenn er nicht gerade Rammstein heißt – aber das ist ohnehin eine andere Liga.
FAZIT: Fans von EISREGEN mögen die Sicko-Party-Hits vermissen, aber stellt man die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Textgutes hinten an (andererseits: wie gehaltvoll sind generell die überwiegend auf versponnene Fantasien, Klischees und Oberflächlichkeit setzenden Textkonstrukte im weiten Metalbereich?), bleibt eine standfeste Musik übrig, die Schwarzdenkern jeder Couleur (!) ohne Gewissensbisse (sowieso!) ans kalte Herz gelegt werden kann: relativ kreativ und erstaunlich unauffällig.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.10.2008
Yantit, Bursche Lenz
M. Roth
Bursche Lenz
Dr. Franzenstein
Ronny „Yantit“ Fimmel
Massacre/Soulfood
49:28
19.09.2008