Ganze drei Jahre nach dem erfolgreichen Album „From Mars To Sirius“ haben die Duplantier-Brüder den lang erwarteten Nachfolger „The Way Of All Flesh“ an den Start gebracht. Wer den Werdegang der Band ein wenig verfolgt hat, weiß dass die Franzosen immer für eine Überraschung gut sind und nie das zu tun scheinen, was von ihnen erwartet wird.
Entsprechend musikalisch abgedreht zeigt sich auch das aktuelle Album. Die Band ist nur noch im weitesten Sinne Death Metal. Das Wort progressiv trifft es wohl eher – die Death Metal-Wurzeln machen sich vor allem im Riffing und tighten Double-Bass-Drumming bemerkbar. Die Songstrukturen sind sehr abstrakt und wild – von 'Schema F' kann hier keine Rede sein.
Das Album als Gesamtes stellt sich mir alles in allem doch ein wenig zwiespältig dar. Neben echten Krachern gibt es auch Langweiler (z. B. „Wolf Down The Earth“), die für Bandverhältnisse unterdurchschnittlich sind und bei denen ich mich ernsthaft frage, wozu die Band ganze drei Jahre gebraucht hat. Zudem wird man auf dem Track „A Sight to Behold“ in meinen Augen dem Metal doch ein wenig zu abtrünnig. Der Song kommt so abgespackt und fröhlich daher, dass er gut zum neuen Flash Gordon-Soundtrack gepasst hätte. Ein weiteres echtes Manko: die klaren Vokals klingen kein bisschen metallisch – sondern erinnern nur an die Elektro-EBM-Ikonen PROJECT PITCHFORK. Ich glaube zwar kaum, dass die Duplantiers diesem Konsum gefrönt haben, aber die Ähnlichkeit ist schon immens und verleiht der Veröffentlichung eine sehr befremdliche Facette.
Eines kann man der Band aber niemals vorwerfen: sie machen ihr eigenes Ding und sie wissen auch, dass sich das gut verkauft. Dabei kann man auch schon mal dem einen oder anderen Fan, der nicht mitzieht, in die Fresse schlagen. Musikalisch gibt es keine Fragen. Vom Songwriting her hätten manche Songs vielleicht noch etwas länger reifen können und auch von der Stilistik greift man mir zu oft in die Zauberkiste und übertreibt es doch zu sehr mit der Experimentierfreudigkeit.
FAZIT: GOJIRA anno 2008 sind noch immer eine Koryphäe. Die Frage, die bleibt, ist, ob man jedem Pfad, den die Band einschlägt, blind folgen mag oder nicht. Meinen Nerv trifft die Platte auf ihre stellenweise sehr unmetallische, abstrakte Art leider viel zu selten, um oft im Spieler zu landen. Weltoffene Metaller mit Sinn für komplexe Grenzgängermucke sollten hier nicht zögern. Der traditionelle Metaller allerdings sollte sich hier keinesfalls zum Blindkauf hinreißen lassen.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.10.2008
Jean-Michel Labadie
Joe Duplantier
Joe Duplantier, Christian Andreu
Mario Duplantier
Listenable
75:07
10.10.2008