HANGAR spielte bereits 1998 in der brasilianischen Hafenstadt Porto Alegre als Opener für ANGRA. Nicht ungewöhnlich, dass eine der bis dato erfolgreichsten südamerikanischen Metalinstitutionen einer einheimischen Band gerne etwas unter die Arme greift. Nachdem sich ANGRA zwei Jahre später auflösten, um dann aber bereits wieder im Jahr 2001 mit drei neuen Gesichtern und dem Wahnsinnsalbum „Rebirth“ im Gepäck aufzutauchen, schaute so mancher eingefleischte Fan etwas genauer auf die neu hinzugekommenen Musiker. Um nicht noch weiter abzuschweifen - Aquiles Priester, der Schlagzeuger der Band, um die es sich hier eigentlich dreht, bekam damals die Chance, bei ANGRA einzusteigen. Und er nutzte sie. Das hinderte ihn aber nicht daran, bei HANGAR weiter zu machen und mit dem vorliegenden Album den dritten Output der Band zu veredeln.
Vielleicht habe ich ja nachher noch ein wenig Zeit, etwas genauer auf die Nicht-ANGRA-Mitglieder der südamerikanischen Powermetaller einzugehen ;-) Im Moment komme ich aber nicht umhin, mich noch ein wenig mit deren bemerkenswertem Drummer zu beschäftigen. Beeindruckte mich seine Art zu spielen schon bei den Werken seiner jetzigen Hauptband, so habe ich das Gefühl, dass er sich bei dem vorliegenden Konzeptalbum sehr stark ins Songwriting eingebracht hat. Man merkt ihm (und der gesamten Band!) die Spielfreude und das Ziel, etwas neues zu schaffen und sich nicht mit 08/15-Ideen zufrieden zu geben, förmlich an. Und dabei wird einem unmittelbar bewusst, welches Potential vielen anderen Kapellen verloren geht, bei denen der Schlagzeuger in erster Linie die Aufgabe hat, den Takt anzugeben und für ausreichend „Druck“ zu sorgen.
Auch wenn es bei HANGAR eine deutliche Spur härter und rauer zu Werke geht als bei ANGRA gibt es einige Gemeinsamkeiten, besonders was das vorherrschende Tempo und den progressiven Anspruch der Stücke angeht. Das wird dann auch gleich beim an erster Stelle stehenden Titelstück „The Reason Of Your Conviction“ unmissverständlich klar, wobei das Intro davor nach meinem Geschmack etwas zu lange geraten ist. Geht es dann aber endlich los, wird man mit einem abwechslungsreichen Gewitter aus treibenden Rhythmen, galoppierenden Gitarren, schweren Riffs, verspielten Keyboards sowie Breaks und virtuosen Soloeinlagen belohnt. Dabei offenbart sich einem sofort die Klasse der einzelnen Musiker. Der vielseitige und powervolle Gesang von Nando Fernandez erinnert in seiner Art irgendwie an Russell Allen, den Ausnahmesänger der amerikanischen Prog-Power-Beinahe-Legende SYMPHONY X. Nicht, dass man die beiden Sänger direkt miteinander vergleichen könnte. Aber die Fähigkeit des Brasilianers, bei gefühlvollen Passagen sowie bei harten Gesangsparts gleichermaßen zu überzeugen, lässt diesbezüglich den Vergleich durchaus zu.
Das Keyboard präsentiert sich sehr durchsetzungsstark und prägt damit unignorierbar den Sound der Band. Dabei reicht Fabio Laguna’s Spektrum von belanglosem Unterlegen eines Klangteppichs bis hin zu pfeilschnellen Unisono-Läufen. Generell fügt er sich erfrischend ins Gesamtbild, obwohl er ab und an den Sound der Band zu arg dominiert. Vermutlich kommt z. B. „One More Chance“ wohl auch deshalb etwas weichgespült daher.
Sehr positiv rückt sich immer wieder der Gitarrist Eduardo Martinez ins Licht. Neben seiner Rhythmusarbeit überzeugt er vor allem mit seinen Soloeinlagen. Er hat es auch nicht gerade leicht, will er auch nur halbwegs mit den beiden saitenzupfenden Kollegen der Hauptband seines Schlagzeugers mithalten. Aber er schlägt sich wacker und beweist nicht nur technisch, sondern auch durch seine Ideenvielfalt, was er auf dem Kasten hat.
Obwohl keine wirklichen Ausfälle auf dem Album zu verzeichnen sind, ist bei mir der Funke auch nach mehrmaligem Anhören nicht komplett übergesprungen. An was das nun genau liegt, weiß ich nicht. Jedoch könnte die Produktion dabei eine gewisse Rolle spielen. Es lassen sich zwar alle Instrumente stets gut heraushören und deren Sound ist für sich auch in Ordnung, jedoch fehlt es dem Gesamtklang der CD etwas an Power und damit an Überzeugungskraft. Ich rede hier in keiner Wiese von einer schlechten Produktion bzw. einem schwachen Sound – vielmehr ist es das Gefühl, dass hier einfach noch mehr drin gewesen wäre. Demgegenüber kann man dem Silberling aber ein wohltuendes Maß an Dynamik zu Gute halten!
FAZIT: Progressiver Power Metal in einer zwar bereits bekannten Form, jedoch mit interessanten Ideen und einigen erfrischenden Momenten. Insgesamt etwas rauer und härter als mit ANGRA zeigt sich deren Schlagzeuger Aquiles Priester hier mit seiner Zweitband. Die Songs bestechen mit herausragendem Gesang und technisch anspruchsvoller Musik. Dem Gesamtsound der CD fehlt es leider etwas an Kraft. Auch scheint die zugedachte Härte einiger Tracks aufgrund zu arg im Vordergrund stehender Keyboards beim Hörer nicht immer anzukommen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.05.2008
Nando Mella
Nando Fernandez
Eduardo Martinez
Fabio Laguna
Aquiles Priester
Wacken Records
43:35
22.05.2008