Als ehemaliger Kieler verfolge ich die Szene dort immer noch mit Interesse, haben es einige Bands wie SMOKE BLOW, BONEHOUSE, HARKONNEN oder NEURON doch über einen regionalen Bekanntheitsgrad hinaus gebracht. Genau an diesem Vorhaben arbeiten auch die selbsternannten Thrasher von LAFRONTERA, die seit 2003 dabei sind und jetzt ihren zweiten selbstproduzierten Silberling vorlegen.
Zunächst überrascht die angezeigte Spielzeit von über einer Stunde und mich beschleichen leichte Zweifel, ob eine junge Band wirklich diese lange Spielzeit ohne große Hänger überstehen kann, aber der klassisch besetzte Fünfer umschifft diese Klippe einigermaßen.
LAFRONTERA haben sich selbst das Prädikat „Thrash Metal“ auf die Flagge geschrieben, aber das ist bei der zunehmend anödenden Flut von schlechten Thrashbands zum Glück nur ein Teil der Wahrheit. Ganz große Anteile am überaus variablen Sound haben auch Power Metal und die gute alte NWoBHM, so erinnern einige Riffs durchaus an J. PRIEST und Konsorten, während ich reinen deutschen Thrashsound Marke DESTRUCTION komplett vermisse, die Bay Area aber gelegentlich durchschimmert. Die Songs sind überwiegend im Midtempo gehalten und allesamt lang, mehrmals jenseits der 6 Minutengrenze, aber glücklicherweise entsprechend vielfältig mit ruhigeren Passagen und Gitarrensoli, die konventionell gehalten sind. Das mir keine direkt vergleichbare Band einfällt, mag einerseits an meinem beschränkten Horizont liegen, andererseits auch an der durchaus zu attestierenden Eigenständigkeit LAFRONTERAs, denen gerade durch den Gesang eine sehr eigene Note verliehen wird, womit wir bei einem klaren Kritikpunkt angekommen wären. Sänger Markos englischem Gesang, der mich irgendwie von der Tonhöhe her an einen weniger perfekten Halford erinnert, merkt man bei aller Abwechslung nämlich deutlich seine deutsche Herkunft an, englische Texte schreiben ist das eine, das andere ist die englische Intonation und an der hapert es hier leider öfters mal. Vielleicht sollten es LAFRONTERA mal auf deutsch...ähm, nur so ein Gedanke...
FAZIT: Der Kieler Fünfer LAFRONTERA legt auf seinem Zweitling eine solide Thrash-Power-NWoBHM-Scheibe vor, die trotz Überlänge kaum Längen aufweist. Abwechslungsreiche Songs, eine wirklich gute und transparente Produktion und ein prägnanter , wenn auch gewöhnungsbedürftiger Gesang, machen „Humenace“ zu einer Scheibe, die zwar nicht die Welt im Sturm nehmen wird, aber in Untergrundkreisen hoffentlich entsprechende Beachtung erfahren wird. Die steht ihr nämlich zu.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.12.2008
Andre Sperlich
Marko Hempf
Helge Reinsch, Felix Scholz
Ron Nanko
Eigenproduktion
62:42
05.12.2008