Erster Hördurchlauf, fünf Sekunden nach dem Start: Die Faust reckt sich gen Decke, direkt im Anschluss beginnt je nach Neigung das Luftgitarrespiel oder amotorisches Mittrommeln. Die Waliser LETHARGY legen auf „Purification“ einen Bilderbuchstart hin. Ein fettes Riff eröffnet einen rasanten Rocksong, der sofort an die Stimmung von Kapellen wie C.O.C. oder FLOODGATE denken lässt. Nur dass hier die Riffs zum Teil erheblich mehr Töne haben. Die noch sehr jungen Herren stehen offensichtlich auf den wirklich klassischen Hardrock mitsamt Blues-Einschlag und Guitarhero – und zwar einem echten und nicht einem auf industriellem Plastikmüll herumgrabschenden Daddelfreak, der zu träge ist, ein echtes Instrument zu lernen. Aber zurück zum Thema: Das klassische Rezept geht über weite Strecken gut auf, offenbart allerdings die eine oder andere Schwäche im Detail. Für solche Art Musik mag der Purist den Sound etwas zu glatt finden, auch ist weder jedes Riff noch jede Gesangslinie hitverdächtig. Doch das ist – wie für Deutsche ja angeblich typisch – Meckern auf hohem Niveau. Songs wie „Stealth“, „Ideal Orphans“ oder das getragene „Inertia“ gehen sofort ins Ohr und begeistern mit hymnischen Melodien und spielerischer Perfektion, das Ganze immer mit der gebotenen Härte präsentiert. Truppen wie diese zeigen angesichts der heutigen Bandschwemme, dass im Hardrock derzeit wesentlich Spannenderes passiert als im Metal mit seinen immer gleichen Schablonen. Es vergeht dieses Jahr kaum ein Monat ohne ein wirklich gutes neues Rockalbum. Hier sei auch noch einmal ausdrücklich THE COTTON SOETERBOEK BAND empfohlen (siehe Review), ein weiterer Beleg für die Lebendigkeit dieser Szene. LETHARGY schaffen mit ihrer Scheibe mehrere wichtige Dinge. Sie haben abzüglich der genannten Schwäche einen fetten Sound, schreiben größtenteils packende Songs und pfeffern sie uns verdammt tight um die Ohren. Das ist schon sehr respektabel.
FAZIT: Hier ist für jeden Fan echter Rockmusik was dabei, ob er nun auf die alten WHITESNAKE oder CORROSION OF CONFORMITY steht. Noch halten die Jungs mit den Besten nicht ganz mit, aber für ihr Alter ist „Purification“ eine wirklich souveräne Vorstellung. Da kann mit ein bisschen Feintuning was Großes draus werden.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.12.2008
Marc T. Jones
Andy Hunt, Phil Humphreys, Marc T. Jones
Andy Hunt, Phil Humphreys
Gaz Hunt
Hardrock
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23.01.2009